Die zweite Nacht war besser, wir hatten vorher gelüftet, Oropax und ich noch eine Augenmaske genutzt. Beim letzten und fünften Frühstück hier gab es leider keine Marmelade mehr, dafür hatten wir ja Mangostin. Dann packten wir, Wäsche hatten wir gestern schon verstaut und verabschiedeten uns kurz nach 10 Uhr um wieder in den Norden nach "Caribe" zu fahren und am riesigen Busterminal del Norte die Tickets abzuholen und das Gate zu finden. Wir holten auch gleich nochmal Geld ab, wobei ich Eric immer abschirme, wenn er es verstaut und die Umgebung beobachte wie sein kleiner Bodyguard :D
Wir hatten diesmal die Plätze hinterm Fahrer, der Bus war wesentlich einfacher, denn die Fahrt dauerte nur 2h, wir kamen auch sehr gut durch. Schon nach wenigen Minuten stieg ein junger Mann ein, recht niedlich, wenn ihr mich fragt ;) Er verlor ein paar erklärende Worte, machte dann Musik an und rappte - mit einer echt guten tiefen Stimme direkt neben uns. Wir gaben eine kleine Spende und übersetzten, dass er Talent habe, woraufhin er grinsend den Daumen nach oben reckte. Das war doch mal was anderes als die ständigen Chips- und Limoverkäufer, die in den fahrenden Bus rein- und wieder raussprangen. Irgendwann stieg eine junge Frau mit einem kleinen Mädchen im Arm und einem kleinen Jungen an der Hand ein. Er musste rückwärts vorn auf einem Zusatzpolster sitzen. Ab und an bewegte er plötzlich seine Arme zur Musik, doch seine Mama wollte, dass er sich festhielt. Irgendwann stand er auf, drehte sich um und sah aus der Windschutzscheibe. Ich gab Eric ein Zeichen, er rückte näher an mich ran, ich tippte den Jungen an und zeigte auf den freigemachten Platz neben Eric. Er wartete kurz, ich nickte nochmal und er setzte sich neben Eric. Wir saßen wie kleine Sardinen hier, aber bald schon fielen dem kleinen Mann die Augen zu und sein Kopf sank gegen Erics Oberarm. Das war es wert, ihm war vielleicht rückwärts schlecht geworden. Eric hielt ihn in Kurven immer sanft am T-Shirt fest und als er einmal drohte in den Gang zu fallen und aufzuwachen, holten wir schnell die Armlehne runter. Er schlummerte vor sich hin, uns krampften die Beine, aber wir grinsten und 20min vor Ankunft stiegen die drei grußlos aus. Wir streckten die Beine aus und verfolgten auf Google Maps die Endhaltestelle.
Am Fenster zog schon der für Guatapé berühmte Felsen vorbei, dann kamen wir in der Innenstadt an. Die Sonne prasselte erbarmungslos auf uns nieder und wir sahen zu, dass wir in 10min im Lake View Hostel ankamen um in kurze Sachen zu schlüpfen. Das älteste Hostel hier bot allerdings gar keinen Seeblick mehr, da das Gewässer an dieser Stelle derzeit ausgetrocknet war. Man wartete sehnsüchtig auf El Niños Konkurrentin La Niña.
Wir hatten zum ersten Mal ein 6er Zimmer, weil es mal wirklich günstig mit 17€/ Nacht war und immerhin hatte jedes Bett türkisfarbene Vorhänge. Wir bekamen beide eins oben, uns gegenüber liegend. Gesicht, Arme und Beine wurden mit Sonnencreme bedeckt, alles Wertvolle in den kleinen Rucksack gepackt und dann stiefelten wir so auf Erkundungstour. Nicht nur die Farbenpracht der Häuser fiel sofort ins Auge, sondern die Bilder unten am Hausrand. Oft waren es Schafe, Schiffe oder Blumen, manchmal verwiesen sie jedoch auch auf ein Gewerbe wie Schneiderei oder Zahnarzt.
Zwischen all den Souvenirläden mit „Handwerkskunst“ gab es auch mal Galerien und Graffiti und wir liefen die Gassen bergauf, bergab. Wir hatten Zeit und bogen mal nach links, mal nach rechts, hoch zu einer kleinen Aussicht, grüßten immer freundlich und kauften Früchte, u.a. eine ganz neue, Mango-ähnliche. Der Hunger gesellte sich zum Durst dazu und im wildesten, buntesten Getümmel setzten wir uns auf den sehr schmalen Balkon eines Cafés, bestellten abgefahrene kühle Schoko-Kaffee-Getränke und jeder eine Avocado-Schnitte. Wir beobachteten eine ganze Weile das irre Selfie-Treiben auf der Treppe und starrten uns förmlich die Augen aus dem Kopf. Das war echt irre, was hier abging…und wie manche aussahen mit gekauftem Poncho und ausladendem Hut. Lächerlich, wir hätten hier ewig sitzen können. Aber die Sonne knallte auf die Oberschenkel und ein bisschen bummeln stand noch an.
Endlich fand sich auch ein Weihnachtsbaumanhänger und zufrieden gingen wir zurück ins Hostel unseren Stoffbeutel von Erics Arbeit holen :D Um dann in einem kleinen Supermarkt einzukaufen. Wenigstens ein bisschen sparen wir beim Abendessen mal und Eric kochte sein Kartoffel-Gemüse-Curry, gleich für morgen Abend mit, danach gabs Früchte und wir schnitten schon das Obst fürs morgige Joghurt-Müsli-Frühstück. So brauchen wir nur um die Mittagszeit was zu holen. Auf dem Rückweg hatte Eric auch noch einem kleinen Jungen geholfen, seinen aufs Dach geschossenen Schuh mit einem Besen runterzuholen :D Kleine Helfergeschichten, die das Leben schreibt.
Ich konnte während Eric die Hostelküche unsicher machte, den Blog schreiben und Fotos sortieren.
Unglaublich schön. Um ehrlich zu sein hätte ich nicht gedacht, dass Kolumbien so farbenfroh ist. Tolles Städtchen, tolle Fotos. 👏