Wie geplant ließen wir uns früh Zeit, aber während wir gestern vor Kälte immer näher aneinander gerückt und lange nicht eingeschlafen sind, schien die Sonne früh so warm ins Auto, dass wir irgendwann aufgaben. Wir blieben aber nach dem Frühstück noch ein bisschen auf der Wiese in unseren Stühlen sitzen - bis die Sandfliegen uns fanden.
Wir wollten auf die Banks Peninsula fahren (Halbinsel direkt unter Christchurch).
Wir ließen uns erstmal die Straße „hinein“ treiben und ich schaute währenddessen, was ich mir im Reiseführer umgeknickt hatte. Wir steuerten auf die Duvauchelle Bay zu, hier hat alles einen französischen Einfluss. Doch die Franzosen kamen damals zu spät, der Vertrag mit England war bereits 5 Tage vorher unterzeichnet worden.
Erster Halt war dann auch eine der letzten Käsereien und endlich fanden wir mal Käse, der den Namen Käse auch verdient hatte. Wir fanden richtig guten Gouda, durften auch probieren und es war so viel preiswerter als im Supermarkt! Später kauften wir ein Baguette dazu.
Den kleinen namensgebenden Ort Duvauchelle durchfuhren wir (es war nicht mehr als eine Häuseransammlung und ein Golf-Club). Unser Ziel war Akaroa, wohl ein beliebter Ferien-/ Touristenort. Überall warteten französische Straßenschilder auf uns, die Läden trugen französische Namen und es lief meist französische Musik. Herrlich! Auch die Frankreichflagge war in ihren Farben des Öfteren vertreten. Wir schlenderten mal dahinein, mal dort, mussten uns aber nochmal wärmer anziehen, da es doch frischer war als gedacht.
Dann liefen wir in der Bucht rüber zum zweiten Teil des Örtchens und dort gab es, mit leichter Verspätung, mein Geburtstagsessen (danke an die heimatlichen Sponsoren): 1kg Grünlippmuscheln (ein regionales Gericht) in Knoblauch-Weißwein-Soße und für Eric gab es einen Fisch-Burger (war wohl auch richtig lecker). Mit zwei Getränken zahlten wir nur 43€, da hatten wir mit mehr gerechnet. Reicht natürlich! Klar, aber für hiesige Verhältnisse…
Wir wollten noch versuchen ein Brot zu kaufen, die waren aber leider alle weg. Dafür gab es im unserer Meinung nach schönsten Café Neuseelands, The Common, noch ein Dessert im Sonnenschein. Die Kellnerin war so was von niedlich & lieb und das Café gemütlich und grün eingerichtet (und sogar super hundefreundlich) wie wir es die ganze Zeit vergebens gesucht hatten. Aber es konnte definitiv, was das Ambiente angeht, mit meinen Lieblingscafés konkurrieren. Wir chillten also noch ein bisschen und sortierten für euch Fotos - der Blog macht nämlich genauso viel Arbeit, wie er Freude bringt und dann holten wir im kleinen Supermarkt noch Bananen fürs Frühstück und frisches Gemüse.
Wir hingen noch ein bisschen planlos rum, denn im Auto war es schön gemütlich warm. Ich addierte unsere Finanzen (ja, sehr unschön, aber man muss dem Elend ins Auge blicken) und Eric suchte ein zweites Auto für Australien. Wir grinsten uns kurz an, wie wir hier so saßen, aber keinen von uns störte diese längere Park-Pause. Auf einmal hörten wir eine Frau rufen: „Hör auf mein Auto zu fotografieren! Sofort!“ Ich schaute verdutzt nach draußen und schüttelte stirnrunzelnd den Kopf, auch Eric fühlte sich nicht angesprochen. Doch plötzlich kam die Frau über die Straße (sie parkte quasi auf der anderen Seite neben uns), hielt ihr Handy auf uns und schrie: „Ich nehme euch jetzt auf, wie ihr mein Auto fotografiert!“ Ich griff automatisch zu meinem Handy, ging in Socken raus und sagte: „Ich filme Sie auch, Sie dürfen das nicht und belästigen uns.“ Sie hörte nicht auf und wiederholte immer an Eric gewandt, er hätte ihr Auto fotografiert, doch doch. Wir waren ratlos, denn Eric hatte zwar die ganze Zeit das Handy in der Hand gehabt, aber hielt es überhaupt nicht in ihre Richtung. Die Frau musste ja schon ganz schlimmes erlebt haben.
Eric beugte sich rüber und zeigte ihr sein Display, dass er nach einem Campingplatz suche, doch sie beharrte auf ihrer Paranoia, bückte sich, zoomte unsere Gesichter ran, lief um unser Auto, brabbelte die ganze Zeit und schimpfte - es war uns richtig peinlich. Ich empfahl ihr dringend einen Arzt aufzusuchen und Hilfe anzunehmen, verschloss dann von innen die Fenster und Türen und nur um sie zu ärgern, fotografierte ich dann ihr Auto tatsächlich. Sie hatte ja nun genug Videomaterial von uns Schönheiten, da soll sie ja nicht zu kurz kommen. Sie (etwa im Alter unserer Eltern) fuhr davon in einer absolut preiswerten Schrottkarre, also wenn, würde man sich wirklich andere Opfer suchen und als auch wir losfuhren und völlig fassungslos unseren Campingplatz ansteuerten, sahen wir wie sie uns an der Tankstelle böse hinterher blickte. Eric hob die Hand zum Gruß, ich den Mittelfinger und ihr paranoider Blick löste fast, aber eben nur fast, Mitleid in uns aus.
Wir waren beide stinkwütend. Und völlig entsetzt. Was war das denn bitte gewesen? Wir waren so was von sauer, dass sie uns den bis dahin entspannten, erfolgreichen Tag verdorben hatte und uns samt unserer Habseligkeiten einfach gefilmt hatte - wir hatten aber eine unschöne Szene auf offener Straße vermeiden wollen und jetzt stand fest: wir zählten die Tage bis zu unserem Abflug. Sie kann froh sein, dass wir beherrscht waren, denn gedanklich hatten wir ihr Handy schon zerberstend auf die Straße geworfen.
Wir bereuten es, und geben es auch gerne zu, in Neuseeland mehr Zeit als in anderen Ländern eingeplant zu haben, denn DAS war definitiv nicht unser Land. Klar hatten wir hier schönes gesehen und erlebt, aber wir hätten die 9 Wochen viiiel lieber in Südamerika verbracht. Tja, hinterher ist man immer schlauer. Das hätten wir vorher nie gedacht. Da hatte ich Südamerika gar nicht so krass auf den Schirm gehabt und nun sehne ich mich nach einer Gelegenheit Kolumbien, Peru, Argentinien, Nicaragua & Co. zu erkunden.
Es ist unsere erste Weltreise und wir lernen noch. Aber Ozeanien ist dann nach der Ostküste Australiens bis in alle Zeiten abgehakt. Wir hätten es auch niemanden vorher geglaubt, ich verstehe also, dass viele von euch auch den Wunsch haben nach Neuseeland zu fliegen, aber wir sprechen eine klare Empfehlung GEGEN dieses teure Reiseland mit unberechenbarem Wetter und verrückten Einwohnern aus. Der Flug ist auch ewig lang. Und wir hatten uns so gefreut. Tja. Solche Erfahrungen gehören dazu.
Und übrigens berichten viele unseren Alters Ähnliches, viele können es auch nur schwer in Worte fassen, aber sind genervt von den Preisen, vom Wetter, enttäuscht vom Heli-Hike, vom Work & Travel, vom fehlenden Flair…haben einfach wie wir andere Erwartungen gehabt.
Die Begegnung heute am frühen Abend löste definitiv einen Fluchtinstinkt in uns aus und wir kamen gar nicht mehr darüber hinweg. Statt uns mit der Dorfpolizei herumzuschlagen (wir hatten kurz überlegt auf Grund der Videoaufnahmen…) entschieden wir uns für eine halbstündige Fahrt in die Pigeon Bay und genossen eine Wassermelone, die endlich mal im Angebot gewesen war und Netflix. (Ehrlicherweise bezahlten wir die $15 in der Ehrlichkeitsbox, weil es der bisher günstigste Platz mit den saubersten Toiletten und einer wunderbaren Aussicht war.)
Diesen Spuk wollten wir als verrückte Begegnung alsbald verdauen. Wir schrieben allerdings der Stadtverwaltung, was uns Grusliges widerfahren war, weil wir es einfach nicht unerwähnt lassen wollten. Wir sind wirklich bereit weiterzuziehen…Schade, aber so istˋs. Wir haben ja richtig Bammel davor was die letzten Tage noch so mit sich bringen.
Netflix hatte als Ablenkung recht gut geholfen, aber so ganz verdaut hatten wir den „Angriff“ noch nicht. Kommt Zeit, kommt Rat. Ich schrieb auf jeden Fall eine Mail an die kleine Stadtverwaltung und schilderte den Vorfall. Ich wollte es nicht ganz auf sich beruhen lassen und vielleicht dreht die Frau ja öfter durch. Persönlichkeitsrechte hat sie auf jeden Fall mit ihren Videoaufnahmen verletzt.
Wir ließen uns nun erstmal Zeit und saßen auf der Bank mit Blick auf die Bucht. Leider lag eine schwere Wolkendecke über der Halbinsel und es wurde nichts aus einem Badetag, aber das Meer zu beobachten, war auch schön. Recht spät brachen wir auf und irgendwie hatten wir beide keine Rechte Lust mehr auf diese Halbinsel. An einer Bergspitze, dem Mount Herbert, überlegten wir, ob wir wandern wollen, aber die Spitze verschwand noch während unserer Überlegungen in den Wolken und ich gebe es zu. Ich hatte nun schon den zweiten Tag in Folge schmerzenden Muskelkater in den Oberschenkeln von unserer Monster-Wanderung.
Da erschien mir erneut bergauf zu laufen bzw. überhaupt weit zu laufen, gerade gar nicht verlockend. Eric blieb nichts anderes übrig als Verständnis zu zeigen, das Wetter war sowieso bescheiden.
Als wir die einspurigen, kurvigen Schotterstraßen bergauf und bergab fuhren, sahen wir so manches ausgebüxtes Schaf. Das eine rannte panisch vor uns her und versuchte immer wieder auf die Weide zurückzukommen, aber verpasste ständig die Lücken im Zaun. Wir drosselten das Tempo immer weiter, bis wir fast stehen blieben und irgendwann sprang das Schaf einfach den Berg etwas hinunter und wir konnten passieren. Wir hielten dann in Lyttleton und bogen zu Fuß in eine überraschend hübsche Straße ein mit richtig niedlichen Läden, die allerlei Schätze bereit hielten. Und so fanden wir per Zufall Reisebesteck, wie wir es schon lange suchten. Zwar etwas spät, aber wir werden es schon noch brauchen und es war ein preiswertes Angebot. So hatte der Tag doch noch einen Sinn und an der Ecke der einzigen hübschen Straße gab es einen top bewertenden Imbiss/ Restaurant, das Forty Two.
Wir zuckten die Schultern, was soll der Geiz? (Langsam werden wir mit den Finanzen etwas entspannter.) Und bereuten es nicht. Der Wellblech-Bau hatte etwas von einer Szene-Kneipe und füllte sich zum Freitag-Feierabend recht gut. Wir bestellten frittiertes Hühnchen und Kartoffelecken mit Käsesosse und was soll ich sagen? Wir waren mal wieder im 7.Esshimmel und Eric war mega happy. Wir hatten unseren Vorsatz längst aufgegeben nur selbst zu kochen, da man auch über Essen Kulturen kennenlernt, es hier manchmal einfach zu windig zum Kochen ist und wir hier von hervorragendem WIFI profitieren konnten. Ein netter Nebeneffekt sozusagen.
Am frühen Abend zogen wir weiter, fuhren ein Stück zurück und auf einen von drei dich beieinander liegenden kostenlosen Campingwiesen. Hunger hatten wir keinen mehr so richtig, da das Mittag so spät war und wir aßen wieder Melone bei ein paar folgen Netflix :) Vier Tage sind’s noch…
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