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einjahrblau

Tag 222: Kulturschock in Hanoi?

Diese kleine Flughafen-Kammer zu buchen, war die richtige Entscheidung gewesen. Wir schliefen bis kurz vor 12 Uhr und Punkt 12 Uhr gaben wir die Schlüsselkarte ab. Ihr müsst kein belustigt schockiertes Gesicht machen…wir waren ja erst gegen 2:30 Uhr ins Bett gefallen und hatten schon wieder eine neue Zeitzone. Wir holten uns ein kleines Frühstück und versuchten dann den ersten von zwei Bussen zu finden, die uns zu unserem Homestay, gefunden auf Couchsurfing, etwas außerhalb der Stadt bringen würden. Nur gab es hier keine richtigen Fußwege und unsere kaputten Rucksäcke zogen schmerzhaft an den Schultern.

Als uns zwei Grab-Fahrer, eine Art Motorrad-Taxi, ihre Dienste anboten, überlegten wir kurz und zeigten ihnen welche Busstation sie ansteuern sollten. Eric hatte das Glück, dass sowohl sein Helm besser saß als auch, dass sein Fahrer seinen großen Rucksack vor sich nahm. Bei mir hing der 17kg Rucksack auf halb acht an meinem Rücken, der Helm wurde immer vom Fahrtwind vom Kopf geschoben. Zwischendurch dachte ich mein Steiß verkrampft. Ich war froh als wir kurz zum Tanken anhielten damit ich mich neu ausrichten konnte und gab es auf mich festzuhalten. Stattdessen hielt ich den Riemen des Helms und den des Rucksacks unterm Kinn. Ich dachte Eric kippt mir vor Schreck angesichts der Erfahrung aus den Latschen. Ich war ja zumindest schonmal in Indonesien gewesen und fühlte mich, da ich selbst Motorrad fahre, eigentlich ganz wohl und warum auch immer, vertraute ich unseren Fahrern. Eric hatte Angst, dass sie uns trennen und in verschiedene Richtungen fuhren. Aber die Vietnamesen gelten als sehr friedliches Völkchen, außerdem wussten sie, dass Eric für beide zahlen würde ;)

Die Fahrt wurde mit fast 45min länger als gedacht. Eric schaute zwischendurch mal bei Google Maps und fragte wo denn die beiden hinfuhren. Da sie die Bushaltestelle nicht fanden, hatten sie beschlossen uns einfach direkt hinzufahren. Das war zwar mit fast 15€ wesentlich teurer als 2€ für den Bus. Aber ein richtig witziges, authentisches Erlebnis. Wir waren allerdings alle vier froh als wir endlich ankamen und unsere Körper strecken konnten. Der Verkehr war hier natürlich der Hammer, rot schien für Moped-Fahrer nicht zu gelten, non stop wurde gehupt und mehr als einmal hatte ich Angst, dass mein Knie von anderen Fahrern gerammt wird, weil alle so dicht aneinander fuhren. Wir hatten aber Zeit „runterzukommen“, denn wir mussten noch 40min warten, bis unser Gastgeber eintraf. Wir saßen da einfach, beobachteten das Treiben und grüßten alle lieb, die neugierig auf uns Bleichgesichter schauten.

  • Hier galt es als vornehm und schick so blass wie möglich zu sein, weshalb die meisten lange Sachen & Hüte trugen.

  • Braun gebrannt sind meist die Arbeiter, z.B. von den vielen Stunden auf dem Feld/ auf der Straße.

  • Und wir waren froh bei dem Wetter keine langen Hosen tragen zu müssen und braun zu werden, also trugen wir Shorts. So leuchtete noch mehr weiße Haut, die die Blicke auf sich zog ;)


Unser Gastgeber, sein englischer Rufname war Harry, traf mit einem Freund ein und wir erfuhren erstmal ein bisschen über Land und Leute. Er wusste und verstand gar nicht, dass Eric und ich ein Paar waren. Wir klärten ihn abends nochmal auf, weil Eric mich in meinem Zimmer besuchen wollte. Er schlief nämlich eine Etage unter mir im Männerschlafsaal, wobei er heute allein in sechs Betten war. Ich schlief oben im 8er Frauenschlafsaal, wo auch nur drei da waren. Gott sei Dank hatten alle noch einen englischsprachigen Namen. Wie wir später erfuhren, hatten fast alle vietnamesischen Namen eine Bedeutung.

Über Standards und Sauberkeit dürfen wir hier nicht sprechen. Die Küche würden wir eh meiden, die stand vor Dreck. Im Bad waren wir einfach ganz flink. Puuh, Willkommen im neuen Abenteuer. Wir versuchten uns tapfer immer wieder zu sagen: andere Länder, andere Sitten. Ich hatte uns einen authentischen Einstieg bei Einheimischen gewünscht. Nun hatte ich den Salat.

Harry empfahl uns für den angebrochenen Tag einfach die Straße runter durchs belebte Viertel zu laufen und so stiefelten wir mit ein paar Tipps und Google Maps einfach los. Wir lernten recht schnell uns durch die unzähligen Mopeds und Vespas zu drängeln und im geeigneten Moment die Straße zu überqueren. Spontan gingen wir in einen akklimatisierten Barber Shop und Eric bekam die Luxusbehandlung. Ich überlege noch, wem ich hier mein Haar anvertrauen werde. Man wusch Erics Haare, rasierte sie dann akkurat auf 3mm und wusch dann sogar nochmal. Als dann der Föhn über seinen Kopf geschwungen wurde, konnte ich nicht mehr vor Lachen. Was gabs denn da und v.a. Bei der Hitze zu föhnen? Der Salon lachte mit, hier hatte keiner einfach nur kurze Haare.


Die Vietnamesen nehmen „Kleider machen Leute“ sehr sehr ernst. So ein bisschen getreu dem Motto „außen hui, innen pfui“, wenn man sich so die Läden & Wohnungen anschaut und die Männer ließen sich hier punktgenau stylen, oft kam Haarfarbe ins Spiel. Aber hey, mit 3€ war das bisher zeitgleich der günstigste und professionellste Friseurbesuch für Eric gewesen. Danach liefen wir durch die Gassen und fanden einen ganz lieben Mann, der uns die ebenfalls bisher günstigsten SIM-Cards verkaufte. 10GB Datenvolumen pro Tag (!) für nicht mal ganz 4€ für den Monat. Eine neue Schutzfolie vorn und hinten bekam ich auch noch für zusammen 6€ und er reinigte gleich das ganze Smartphone. Wahnsinn! Gut, dass es Übersetzungsapps gibt :D

Dann kam seine Frau und hielt uns ihre süße, ca. Anderthalb Jahre junge Tochter hin. Ich kannte das schon aus Indonesien und nahm sie ihr ab, bevor Eric einen Herzinfarkt bekommen würde. Und dann machte die Frau begeistert ein paar Fotos von uns - allerdings nur mit ihrem Handy :D Es ging so schnell, da wollten wir nicht fragen. In Indonesien hatte ich auch ständig Kinder auf den Schoß bekommen oder Frauen hatten sich kichernd mit mir fotografiert. Die blasse Haut, die Größe und die hellblauen Augen faszinierten sie und dabei bin ich nicht mal blond.

Es wurde sich mit einer leichten Verbeugung und einem riesigen Lächeln verabschiedet, dann fanden wir das „Restaurant“, welches Harry uns empfohlen hatte. Hier bekamen wir für sagenhafte 2,50€ eine frische Platte und konnten uns die Frühlingsrollen selbst rollen. Wir waren nicht so talentiert wie die neugierig blickenden Einheimischen um uns herum, aber es schmeckte fantastisch!

Eric und ich lieben die vietnamesische Küche. Das Côdo Restaurant in Dresden zählt zu unseren Lieblingen. Bei der Cola, die fast doppelt so viel wie das Essen kam, wussten wir allerdings nicht ob sie uns abzockten, nachdem wir die billigen Preise im Supermarkt sahen, wo wir auf dem Rückweg ein Wasser holten. Wir liefen im Dunkeln durch die Gassen, die sich mit Leben füllten. Alle verkauften etwas, das ungekühlte Fleisch war dabei das ekligste ;) Alles leuchtete, alle schauten uns hinterher. Da es nette Blicke waren, nickten wir einfach fröhlich zurück und versuchten uns daran zu gewöhnen.

Wir waren hier etwas außerhalb und hier verirrten sich nicht allzu viele Touristen her. Im Homestay zurück durften/sollten wir eine einheimische Melone probieren und wir saßen noch ein bisschen am Tisch (ein Sofa o.ä. Gab es leider nicht) bevor jeder für sich duschen gingen und wir versuchten zu schlafen. Das war leider leichter gesagt, als getan. Eric hauste da unten ganz allein im stickigen, Mücken verseuchten Zimmer. Bei mir sang eine lauthals die YouTube Charts rauf und runter, parallel dazu schaute eine andere ihre Serie - laut auf Vietnamesisch natürlich, das Licht (Neonröhren) war an und zog die Mücken an. Mein Laken roch nach Fuß, neu & sauber war es nicht…jaja, so viel zur authentischen Erfahrung. Wie heißt es so schön? Sei vorsichtig mit deinen Wünschen.

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