Die Nacht war schrecklich. Noch viel schlimmer als die tropisch feuchten Nächte in Australien! Wir mussten ja in getrennten Zimmern schlafen und das war schon an sich doof. Außerdem war hier gerade Mückenzeit und wir hatten uns zwar kräftig eingesprüht, aber wurden trotzdem gestochen wie blöd. Die ganze Nacht summte es jeweils um uns herum und Harry tat so, als wäre das ja ganz ungewöhnlich und er würde mal schauen, ob er noch ein Netz habe. Wir nahmen uns einfach vor zwei zu kaufen. Außerdem war es mega schwül und stickig. Ich wedelte mir die halbe Nacht mit meinem Fächer Luft ins Gesicht und endlich weggedöst, klingelte bei einer im Zimmer der Wecker um 4 und ab da zig Mal bis sie 5:10 Uhr endlich mal aufstand. Kurz nach sechs stand die nächste auf und knipste das Licht an; ich gab den Schlaf auf und tapste völlig gerädert runter in Erics Zimmer. Ihm ging’s nicht besser und dabei hatte er diese Nacht nicht mal Mitbewohner gehabt, die schnieften, nach Mücken klatschten oder niesten. Dafür gab es aber auch kein Fenster.
Wir waren völlig fertig, wollten aber auch kein Hotel suchen, denn für heute und morgen Abend gab es hier schon ein Programm mit/ für uns und deshalb waren wir ja hier. Zwei Nächte galt es noch durchzuhalten. Ab dann Hotels und Hostels :D
Mensch Leute…uns gehts so gut in Europa. Jetzt gerade waren wir hin und her gerissen. Zum Einen waren wir echt happy hier zu sein, da wir eben einfach mal Vietnam entdecken wollten und neugierig sind, zum Anderen würden wir jetzt auch einfach in unserer Dresdner Wohnung im Konsum gegenüber ein Eis kaufen und uns aufs Sofa chillen, vielleicht Freunde zum Spieleabend einladen. Ist schon ein krasser, kultureller Unterschied.
Erinnert mich dran, wenn mich spätestens im September wieder das Fernweh plagt, ja? ;) Man will eben oft das, was man gerade nicht hat.
Wir liefen zum Bus und schauten schonmal unterwegs, wo es Moskito-Netze gab. Dann nahmen wir für zusammen niedliche 55 Cent den Bus ins Stadtzentrum von Hanoi. Die Tickets verkaufte ein Mitarbeiter, der hinter dem Fahrer saß und auch immer mal wegdöste. Wir entschieden uns ein wenig eher auszusteigen und zu Fuß das Flair der Stadt einzusaugen. Wir liefen durch das v.a. Bei Touristen sehr beliebte und sehr geschäftige Alte Viertel, sozusagen die Altstadt, wo es wirklich noch sehr anders zuging, als wir es in Deutschland bzw. überhaupt Europa gewöhnt waren. Es gab Läden für Lichterketten, Läden für Lampen, Läden für Ventilatoren, für Glühbirnen, für Grabsteine…bei manchen erkannten wir gar nicht, was für ein Geschäft es war und auch auch die Haare konnte man sich direkt auf den Fußwegen schneiden lassen. Ich habe versucht euch das Flair der Stadt einzufangen, aber wie auch bei Landschaften ist das eher schwierig. Es fehlen die Gerüche & Geräusche und der Rundumblick, aber verschafft euch einen kleinen Einblick. Am schönsten/ fotogensten finde ich ja immer die beladenen Fahrräder, mit Blumen, Früchte, Nüssen uvm.
Wie liefen zu einer Straße, die bekannt war, weil durch die enge Häusergasse ein Bahngleis führte. Wir begegneten zunehmend anderen Touristen. Doch Polizisten saßen davor und achteten darauf, dass keiner an der Absperrung vorbeilief. Da deshalb alle davor stehen blieben und die Auslagen eines, nun ja, „Gemischtwarenhändlers“ verdeckten, hupte der dann mehrmals laut und zeigte mit bösem Blick auf sein Schild, auf dem der Hinweis stand, dass man nicht vor seinem Geschäft stehen darf.
Wir liefen nochmal ein Stück zurück und standen ein wenig unschlüssig herum, bis ich uns ein Café für ein kleines Frühstück raussuchte. Dort hatten wir eine kleine Verschnaufpause von den vielen neuen Eindrücken und dem ständigen Gehupe. Von da an zogen wir dann zu Fuß weiter zu einer historischen Anlage. Bei einem Eintritt von ca.1,15€ p.P. überlegten wir nicht lange, sondern gingen einfach mal über das Gelände, besahen uns Ausgrabungen und fanden eine erstaunlich saubere Toilette ;)
Wir liefen weiter und kauften uns einen Bubble Tea, aber statt Bubbles schwammen da undefinierbare, schleimige Schnipsel auf dem Boden, die aussahen wie Schinken. Meine Lieben: wir wissen nicht, was wir da ab und an durch den Strohhalm aufgesaugt haben. Aber was wir wissen ist:
in Vietnam gibt es noch bzw. zunehmend viele zu viel Einwegverpackungen für Getränke, Essen, Trinkhalme & Co.
Dementsprechend verschmutzt und voller Müll war es hier in jeder Ecke.
Außerdem haben, auch die Männer, alle extrem lange Fingernägel, das fanden wir schon bissl eklig.
Und der wichtigste Gegenstand ist wohl echt die Hupe.
Auf jeden Fall waren wir nun am Westsee mitten in der Stadt angekommen und viele angelten hier. Es ist der größte Süßwassersee in Hanoi.
Zu unserem großen Entsetzen ließ ein älterer Mann direkt neben uns einen Fisch auf den Boden fallen und qualvoll zappelnd ersticken. Der See selbst war voller Müll, ganz viel versenkter Keramik und richtig schmutzig braun. Leider war der Anblick auch nicht der schönste, da die Stadt in einer Art Smog versank. Unser Couchsurfer wollte uns einreden, dass sei das Wetter und Wolken…ähm…Eric hatte gelesen, dass sie hier früh Öl & Müll verbrennen und es fuhren sooo viele Mopeds hier durch. Klar, sicher war es während der Lockdown anders gewesen. Das bezweifelten wir nicht. Aber die waren nunmal vorbei und der Verkehr drängte sich wieder dicht an dicht.
Wir liefen noch zu einer Pagode hier am See. Da man aber laut einem Schild mit Shorts nicht direkt hineingehen sollte, respektierten wir das und beschränkten unseren Besuch auf einen kleinen Fotostop. Davor probierten wir an einem Stand süße runde Sesambällchen.
Dann liefen wir wieder am See zurück, beobachteten die Leute auf Schwanen förmigen Tretbooten und suchten nach dem richtigen Bus. Wir fuhren wir ein Stück zurück, wieder zusammen für zarte 55 Cent und wollten dort essen gehen. Es war aber noch etwas früh fürs Abendbrot, deshalb schlenderten wir nochmal durch die Gassen und tauschten endlich unsere noch vorhandenen 200€ um, ein eingerissener Fünfer wurde abgelehnt. Kleine Souvenirs wurden auch schon erstanden, auch wenn es erst der erste Tag war. Aber morgen gaben wir die Post auf, da sollte der Anhänger mit rein :) Dann ging es in ein kleines Restaurant. Unser Couchsurfer hatte uns eins empfohlen, aber Eric hatte noch ein besseres gefunden und wir bereuten die Wahl nicht. Man zog seine Schuhe vorher aus und betrat dann den Raum. Wir kamen genau noch richtig als die Kellnerin beibrachte auf Vietnamesisch anzustoßen und mit uns am Tisch saßen fünf Amerikaner*innen, die uns netterweise eine Videoaufnahme davon schickten, siehe Dropbox. Wir bestellten, wie die meisten, das erste Gericht auf der Karte: eine sagenhaft leckere Bun Cha Suppe. Ein Geschmacksgedicht.
Danach nahmen wir den Bus zurück, kauften im Ort angekommen das Moskitonetz und Klebeband (denn unser Gastgeber hatte ein Netz gefunden), duschten und waren bereit um 19:15 Uhr am Englischkurs teilzunehmen. Mit uns nahm auch eine Serbin teil, die heute auch hier angekommen war und es war faszinierend. Sie reiste seit 10 Jahren, war quasi Nomadin, wobei sie sehr wenig Geld zur Verfügung hatte und mit ihrem Pass in viele Länder, die wir bereist hatten, gar nicht reinkam. Aber sie hatte unglaubliche Geschichten zu erzählen! Hoffentlich schreibt sie mal ein Buch :D
Diese Unterkunft war deshalb bei Couchsurfing, weil Harry sich erhoffte so seinen erwachsenen Studenten die Möglichkeit zu geben mit uns Englisch zu sprechen. Alles andere interessierte ihn eher weniger. Er selbst sprach selbst nicht sehr gut und filmte auch nur die ganze Zeit oder machte Fotos. Den Rest überließ er uns und einer 19-jährigen, studentischen Assistenz.
Ich sprach vorwiegend mit der Assistentin und zwei Frauen. Eric mit zwei Jungs und die Serbin mit einem anderen. Natürlich wollten alle wissen, wo wir herkamen, ob wir verheiratet waren und wie viele Kinder wir hatten (nicht, ob wir welche hatten). Die Stunde ging schnell rum, alle freuten sich und dann machten wir uns bettfertig. Das war alles ganz schön wuselig und turbulent ;) Leider wollten die Mädels in meinem Zimmer nie lüften, sodass ich immer den Balkon aufriss, wenn sie im verdreckten Bad verschwanden…Aber heute hatten wir ja unsere Netze; die Oropax und Schlafmasken lagen schon bereit :D Als Eric seine Klimaanlage anmachen wollte, um eine erneute schreckliche Nacht zu vermeiden, meinte der Meister (Harry, der Gastgeber) das geht nicht. Angeblich funktioniere die nach zwei Stunden nicht, Eric solle doch bitte den Lüfter nutzen. Eric war Gott sei Dank schlau genug und machte sie einfach später an; die der Mädels ging leider wirklich nicht.
Ich frag mich jedes Mal , wie ihr es schafft den „richtigen“ Bus zu finden …😅 Die beladenen Fahrräder find ich so toll 🤭
Bei allem Lärm, Chaos, Smog und Müll sieht es in Hanoi recht farbenfroh und blumenreich aus. Eben ganz anders. Wir bleiben gespannt. ☺️