Der nächste Tag brachte leider auch keinen Sonnenschein und hinzu kam der Abschied von diesem schönen Boot und der luxuriösen Auszeit, die wir uns auf Grund eines Schnäppchens gegönnt hatten. Heute waren wir zu faul um am Thai Chi teilzunehmen und haben den Wecker ausgestellt. Beim Frühstück waren wir schlau genug nur ganz wenig zu essen. Unser Magen brauchte eine Pause. Wir packten wehmütig alles zusammen und dann ging’s nochmal mit dem Kajak los. Den "geheimen Tempel der Fischer", der auf dem Programm stand, fanden wir nicht, denn wir wurden einfach alle allein losgeschickt und paddelten so umher. Wir sammelten wieder herum schwimmende Flaschen auf und schauten uns nochmal von Nahem die Körbe im Wasser an und aktive Fischer. Wir beobachteten mehrmals Frauen am Ufer, wie sie Muscheln von den Felsen sammelten und dann paddelten wir zurück - diesmal hatten wir unsere Regenjacken zum Schutz über den Knien.
Zurück an Board gab es zu unserem großen Entsetzen um 10 Uhr ein 5-Gänge-Menü! Verfrühtes Mittag als Brunch getarnt, sozusagen. Es war ja irgendwie niedlich, wie sie uns verwöhnen wollten, aber das musste echt nicht sein. Nun gut…wir genossen auf jeden Fall nochmal in vollen Zügen die Aussicht in die Bucht und man konnte die Sonne hinter den Wolken zumindest erahnen ;) Beim Abschied wollte der Chef höchstpersönlich Eric adoptieren und unbedingt noch ein Abschiedsfoto. Er hatte einen Narren an Eric gefressen, schickte seiner Frau prompt die Fotos und bot Eric an auf dem Boot zu bleiben, aber ich legte mein Veto ein ;)
Gegen 12 Uhr kamen wir zurück am Hafen an, dann ging es direkt wohl organisiert in den Shuttlebus und ca. 3h zurück ins trubelige Hanoi. Aber irgendwie hatte die Stadt was. Ich weiß auch nicht…da pulsierte das Leben. An jeder Ecke gab es was zu entdecken und wir drückten uns quasi die Nasen an der Scheibe platt um das Geschehen außerhalb des Busses zu beobachten. Wir sahen ein umgestürztes Moped; hinter ihm staute sich alles. Es war scheinbar ein Paketausträger, der es etwas zu gut gemeint hatte, denn um ihn herum lagen die zusammen verschnürten Pakete und andere hielten an, um den Paketturm wieder aufzurichten. Verrückte Welt. Da wir kein Ho(s)tel hier im Old Quarter gebucht hatten, wurden wir an gefühlt irgendeiner Ecke rausgelassen.
Wir liefen ein paar hundert Meter zur Busstation und mein Rucksack riss wieder auf. So miese Qualität, das gibts gar nicht. Mit der 58 fuhren wir los, doch irgendwie verpassten wir den Ausstieg und fuhren nochmal ein Stück zurück. Wir überqueren mittlerweile todesmutig die Straßen ;) Dafür mussten wir nochmal ein Ticket lösen, wo uns erstmal der Gedanke in den Kopf schießt: „Ach Mist!“, aber dann erinnerten wir uns, dass es ja nur 55ct waren. Das war also zu verkraften ;) Wir verfolgten nun aufmerksam auf Google Maps wo wir rausmussten - was hatten Reisende nur früher gemacht? :D
Unterwegs fragten wir einen Schweißer, ob er nicht unsere Rucksäcke reparieren konnte, aber der rief seine Nachbarin, die mit einer winzigen Nadel und einem Bindfaden ankam. Nein Danke, das hielt doch wieder nur 5min. Wir liefen weiter. Wir hatten Gonzalos und Samanthas Einladung angenommen, dass wenn wir zurück in Hanoi sind wir bei ihnen schlafen könnten. Das waren die beiden Mexikaner, die wir am Samstag bei dem Couchsurfer-Meeting in Hanoi kennen- und lieben gelernt hatten. Wir zeigten dem Portier die WhatsApp-Nachrichten, damit er uns nach oben fahren ließ. Die beiden waren noch nicht zurück (es war erst 15 Uhr), aber Gonzalo hatte uns seine Schlüsselkarte in den Schuhschrank gelegt. Ist das nicht nett?! Na, wer würde das für Fremde machen? ^^
Samantha wohnte seit sechs Jahren in Vietnam, Gonzalo seit vier und hier hatten sie sich kennengelernt. Sie sind wie Bruder und Schwester und Gonzalo wohnt in der Wohnung genau über Sam. Richtig cool. Wir schauten erstmal vom Balkon aus dem Treiben in der Stadt zu und akklimatisierten. Kurz nach 18 Uhr klopfte Sam und wir gingen nebenan Abendbrot essen.
Obwohl wir mehrmals nachfragten ob das bestellte Gericht Cau Lau auch wirklich nicht scharf war, brannte es höllisch und wir konnten es nicht aufessen. Ich überlebte nur, weil Sam schnell ein Glas kaltes Wasser für mich orderte. Es fehlte nicht mehr viel und ich wäre zum feuerspuckenden Drachen mutiert. Eric hatte auch zu kämpfen. Das tat den Besitzern so Leid, dass sie uns Rabatt gaben und uns nochmal einluden. Schauen wir mal ;) Für heute hatte uns Sam spontan zu ihrer privaten Kick-Boxing-Stunde bei einem ehemaligen Sicherheitsbeamten eingeladen. Am Nachmittag waren wir noch unsicher gewesen, weil unsere Mägen recht sensibel waren, aber jetzt hatten wir voll Bock und nahmen die einmalige Einladung an. Für Eric bestellten wir einen Grab-Fahrer (Moped-Taxi), ich sprang wieder bei Sam hinten auf und gemeinsam fuhren wir durch die leuchtende Stadt. Durch ein Restaurant ging es nach hinten zum Fahrstuhl und ein paar Etagen nach oben in einen modernen, sehr sauberen Trainingsraum. Das hätten wir hier weder vermutet noch je gefunden! Wir waren ganz aufgeregt und nicht zu 100% richtig angezogen, aber es ging gleich los. Unsere Hände wurden umwickelt und nach einer gemeinsamen Erwärmung bekamen wir die Boxhandschuhe. Ich hatte vor Jahren mal ein Uni-Semester am Kick-Boxing teilgenommen und die Erinnerungen kamen zurück. Ich glaube ich muss dem zurück in Dresden nochmal eine Chance geben und in meinem Alltag integrieren. Das war besser/ leichter als Surfen und das Adrenalin schoss durch unsere Körper. Das Training war richtig gut und wir lernten verschiedene Kicks. Ein Lauftraining werde ich mir für meine eigenen Sportstunden merken - Inspiration pur. Wir kamen richtig ins Schwitzen. Wir hatten lange keine so intensive Trainingseinheit genossen und der Körper freute sich trotz der Anspannung in jeder Sehne. Das schrie nach Muskelkater, aber am Ende stand natürlich eine Dehnung an. Hach das war richtig cool und natürlich wurden wir zu Werbezwecken gefilmt. Aber das war für uns okay, denn es war auch für uns eine tolle Erinnerung und wir mussten nichts bezahlen für dieses Personal Training. Die Videos stelle ich euch nicht zur Verfügung, da auch Samantha mit drauf ist. Ich zeige sie bei Interesse gern mal privat :) Wir haben uns echt gut angestellt.
Völlig verschwitzt, aber glücklich riefen wir Eric wieder einen Fahrer, ich schwang mich hinter Sam und wir genossen die Fahrt. Nun sahen wir auch Sams Wohnung und als wir gerade Tee tranken, stieß ein sehr müder Gonzalo zu uns. Wir schnatterten noch ein bisschen, probierten einen schwarzen Knoblauchsnack (igitt), aber schliefen praktisch alle vier fast im Sitzen ein. Deshalb verabschiedeten wir uns von Sam, die mir noch eine kleine Gesichtscreme schenkte, die sie sehr gut fand (von Vichy). Ach sie ist so ein Sonnenschein und Gonzalo auch. Trotz seiner unübersehbaren Müdigkeit (die beiden unterrichten Kleinkinder in Englisch) wollte er uns sein Doppelbett überlassen, aber wir bestanden auf das schmale Sofa um ihn früh nicht zu wecken. Außerdem musste er morgen arbeiten, wir werden im Bus entspannen können. Er betonte immer wieder, dass wir ihn ermutigt hätten nochmal als Backpacker loszuziehen und seine Couch bei Couchsurfing anzubieten (damit nicht mehr so viele in Harrys Homestay übernachten müssen ;)). Ach süß. Wir nahmen eine dringend benötigte Dusche und kuschelten uns dann auf dem schmalen Sofa zusammen. Ein von den Rucksäcken gestützter Kissenberg bot Platz für Erics Hintern ;) Wir werden nach der Trainingseinheit wie die Babys schlafen.
Und tatsächlich hatten wir früh wie erwartet richtig doll Muskelkater; Eric v.a. in den Armen, ich in den seitlichen Oberschenkeln. Wir packten alles leise zusammen und gingen dann um die Ecke um eine vietnamesische Pho Suppe zu essen. Das war geschmacklich fürs Frühstück nicht so meins; ich bevorzuge da doch eher was Süßes. Dann galt es ein Taxi zu finden, aber irgendwie zeigte es in der App einfach keins an und die Zeit wurde knapp. Ja, meine Lieben, stellt euch das nicht zu einfach vor. Reisen kann sehr anstrengend sein. Wir gaben auf und nahmen eins, was an der Ecke stand. Zu unserer großen Erleichterung kostete es genauso viel und fuhr mit Taxameter. Der Fahrer wusste ständig nicht wo lang und Eric dirigierte ihn per Google Maps. Wir wurden nervös, die Zeit wurde knapp. Wir hofften und beteten im Stillen, dass wir sowohl diesen rasanten Fahrstil überleben würden als auch pünktlich ankämen. 4min vor der 8:30 Uhr Abfahrt erreichten wir den Bus. Puuh. Das war knapp. Mit einem Bus, in dem man kleine Liegekabinen hatte, fuhren wir (einschließlich Pause) 7h in den Norden nach Ha Giang, gesprochen „Ha Sang“, Nähe der chinesischen Grenze in die Berge. Da war es schon gut, dass die Busse so luxuriös waren. Mittendrin hielten wir immer mal an, um Leute oder Waren entgegen zu nehmen und sie dann wieder abzusetzen/ abzugeben. Das passierte scheinbar alles unter der Hand, da wir mit einem Handzeichen beutetet wurden, das Rollo runterzulassen, aber ich dachte nicht im Traum daran. Wir dösten zwar vor uns hin, hörten Musik, aber schauten auch dem Treiben draußen zu. Das war alles spannend, aber leider auch sehr sehr traurig und frustrierend wie zugemüllt hier jeder Winkel war. Wir dachten die ganze Zeit: „Kann hier bitte mal jemand das Land aufräumen?!“ Richtig schlimm…ich denke das ist v.a.ein Bildungs-, aber sicher auch ein logistisches Problem. Ich kann mir kaum vorstellen, dass hier mal eine Änderung eintritt. Besser früher als später. Wir fragten uns schon, wie die hier so im Müll leben konnten…
Kurz nach 15 Uhr in Ha Giang angekommen, stoppte der Bus in der Innenstadt und ein Mann in Militärkleidung legte unsere Rucksäcke auf sein Dach, einfach so, ohne zu Befestigen und bedeutete uns und fünf Frauen einzusteigen. Das war ja alles seltsam! Aber er setzte uns mit einem Gruß vor unserem Hostel ab. Andere Länder…
Das Bong Hostel hatten uns Sam & Gonzalo empfohlen und wir zahlten hier 4.50€ p.P./Nacht inkl. Frühstück. Wie süß! Wir waren zwar etwas erschrocken, dass es ein 18er Zimmer war, denn online stand 6-10, aber alles war sehr sauber, die Bettdecken wolkenweich, wir hatten ein Doppelstockbett am Rand, am Fenster, alle hatten Vorhänge für die Privatsphäre, es gab auch ein flauschiges Handtuch. Das war richtig gut! Wie auch im Bus und in einigen Geschäften/ Lokalen zog man hier die Schuhe an der Tür aus und bekam solche hässlichen Plastiksandalen. Aber so blieb es sauber & keimfrei. Wir wollten hier eine Motorradtour buchen um den Ha Giang Loop zu fahren. Wir entschieden uns gegen die drei und für die vier Tage. Die sieben Tage kamen auf Grund zu geringer Nachfrage nicht zustande. Allein wollten wir nicht, mit einem Guide allein war uns zu teuer und so entschieden wir uns doch für eine Gruppentour. Es ist ja auch immer mal wieder schön neue Leute kennenzulernen und so sprachen wir schonmal ein paar im
Hostel an. Im Grunde genommen schlafen hier alle nur eine Nacht vor bzw. eine nach der Tour also war es relativ wahrscheinlich, dass wir schon Leute trafen, die uns begleiten würden. Und so lernten wir ein britisches Paar kennen und Eva, eine nette Österreicherin, mit der wir dann auch Abendessen gingen. Nach den vietnamesischen Nudeln saßen wir noch ein wenig zusammen, dann skypte Eva, Eric lernte Spanisch und ich schrieb den Blog. Nach einer Dusche wurde noch gekuschelt, dann kletterte Eric ins obere Bett.
Bei dem, was ihr alles erlebt, ist es kein Wunder, dass es so viel zu schreiben gibt. Herrlich und super für alle LeserInnen. 👏