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Tag 230: Start der Motorradtour in den Bergen

Wir hatten super geschlafen, alle waren leise und rücksichtsvoll, es war genug Sauerstoff für alle da gewesen und Decke&Bett waren sehr bequem. Wir begannen unsere Sachen zu packen und gingen dann erstmal zum Frühstück, dass in den 4.50€/ Nacht mit inbegriffen war!

Wir konnten zwischen drei Varianten wählen, ich wählte einen Crêpe mit Schoki&Banane, Eric die ähnliche Variante mit Waffel. Dazu gab es ein reichhaltiges Obstbuffet. Wahnsinn.

Wir bekamen unseren Sack Wäsche zurück, den wir gestern Abend zu unserer Erleichterung für knapp 5€ abgeben hatten können. Der Preis wurde hier wieder per Kilogramm berechnet, es duftete, war aber über und über in Plastiksäcken eingeknotet…und eine Socke fehlte.

Danach packten wir weiter, denn aus unseren zwei großen Rucksäcken mussten wir jetzt den kleinen sparsam für drei Nächte, vier Tage packen. Zu zweit. Aber wir werden langsam Profis :D Danach warteten wir, dass die kurze Fahrstunde begann - mit deutscher Pünktlichkeit haben sie es hier nicht so. Eric hatte sich abenteuerlustig dazu entschieden selbst zu fahren! Er war vorher noch nie Moped/ Motorrad gefahren, hatte nur mal vor vielen Jahren einmal bei einem Kumpel hinten drauf gesessen. Ich fuhr lieber allein und trug die Verantwortung auf meiner Kawasaki Ninja nur für mich. Da war er also auch noch nie mitgefahren. Und nun probierte er das halbautomatische Moped aus und wir schauten alle, ob er zurecht kam.

Er hätte auch „easy Rider“ buchen können, dann würde er hinten bei einem Guide sitzen und gefahren werden. Aber das verbot unsere Abenteuerlust. Ich konnte mich noch nicht entscheiden; das halbautomatische Moped war im Preis inbegriffen und war das, was die meisten hier auch buchten. Aber ich kam einfach nicht damit zurecht, da ich manuelle Schaltung gewöhnt war. Ich probierte die 150er Honda, die mir Sam empfohlen hatte, aber die war echt schwer und machte irgendwie wenig Sinn bergauf, bergab in der Gruppe. Dann probierte ich die 125er Yamaha und siehe da, es war perfekt. Die goldene Mitte war genau richtig und ich zahlte 40€ Miete (gesamt) drauf. Das war okay. Unsere Rucksäcke schlossen wir unten in kleine Käfige ein, Schlösser bekamen wir geliehen, dann wurden unsere internationalen Führerscheine auf Herz & Nieren geprüft. Wir hätten an sich nicht mal einen gebraucht. Eva hatte einen transnationalen, der nicht zählte und dann war es einfach so, dass jemand voran fuhr und schaute ob die Polizei da stand. Wenn ja, dann durfte Eva das Stück nicht selbst fahren, sondern ein Guide fuhr sie das Stück an den grün uniformierten Polizisten vorbei. So war der Plan. Dazu später mehr.


Es ging los. Wir bekamen eine kurze Sicherheitseinweisung und die Schutzprotektoren für die Arme und Beine und probierten dann die Helme durch. Es war ein Ärgernis! Der hellblaue hatte keinen Riemen, die anderen zwei hübschen waren zu groß und dann mussten wir noch schauen, dass wir einen fanden, wo das Visier nicht zu zerkratzt war. Aber gut, Hauptsache er passte und sicherte. Dann ging es auch schon los. Wer wollte, bekam die Rucksäcke hinten drauf geschnürt und der erste Stopp war gegenüber die Tankstelle. Mit uns fuhren Neill & Jo, ein älteres Ehepaar aus England auf ihrem eigenen großen Bike, Eva (36) aus Österreich, sie fuhr wie Eric die Halbautomatik, dann waren noch Johanna & Eli aus Deutschland (19/21), sie ließen sich von Guides fahren genauso wie India & ihre Freundin, die so schüchtern war, dass keiner ihren Namen kennt (beide frisch 18) aus England und Ben & Charlotte (33/30), ebenfalls aus England sowie Ziva (36) aus Slowenien, aber auch wohnhaft in England. In Vietnam sind sehr viele Briten unterwegs.

Unser Guide Kevin fuhr voran, alle anderen immer mal in verschiedenen Positionen hinterher, wichtig war nur, dass einer der Easy Rider (Guide+Gast) als Sicherheit hinten fuhr. Am Ortsausgang standen Polizisten, also sprang Eva bei jemand hinten drauf. Dann fuhren zwei Guides zurück um ihr Moped zu holen und nun wurde es richtig dumm. Es ist genau der gefahren, auch noch der jüngste, der nur einen gefälschten Führerschein hatte und natürlich wurden sie kontrolliert. Er musste 2Mio, umgerechnet fast 80€ bezahlen. Eva wurde zwar vor einer Strafe bewahrt, aber nun hatte er eine bekommen. Warum man ausgerechnet ihn losgeschickt hatte, wussten wir auch nicht. Auf jeden Fall tat er uns Leid, denn für ihn war das eine horrende Summe und wir verabredeten alle gemeinsam (ohne das vierköpfige Jungvolk), dass wir die Summe zusammenlegen und ihm aus der Patsche helfen würden.

Dann ging es weiter und ich war wie eine Löwenmama ganz besorgt um ihr Junges und ließ Eric im Seitenspiegel nie aus den Augen, gab ihm Zeichen, wenn sein Blinker noch an war oder wenn er abbremsen sollte, z.B. weil Steine o.ä. im Weg lagen. Am Anfang erinnerte ich ihn nach jedem Stopp daran, den Ständer wieder hochzuklappen und das Licht anzuschalten (auch wenn das hier kein Muss war), aber recht bald merkte ich: er kam hervorragend zurecht und nun war ich eine stolze Löwenmama. Er rockte das einfach und fuhr super! Am ersten Tag standen immerhin 95km bis zum Homestay an. Das Hupen aus Hanoi ist mir nun in Fleisch & Blut übergegangen und ich hupte uns den Weg frei. Später hörte ich dazu treffend: wenn ich schon nicht quasseln konnte, dann wurde eben lauthals gehupt :) Wir lernten, dass es verschiedene(s) Hupen gab:

  • Achtung, ich komme um die Ecke, nicht überholen.

  • Achtung, ich komme von hinten, geht zur Seite.

  • Achtung, ich fahre vorbei, erschrick nicht.

  • Lieber Bus-/LKW-Fahrer, bitte fahr mich nicht um.

  • Hallo, seid gegrüßt Dorfbewohner ;)

  • Ich hupe, also bin ich.


Eben ungefähr so, es wurde einfach immer gehupt; wir hupten Kinder, Hunde, Schweine, ältere Leute, andere Fahrer, einfach alles und jeden aus dem Weg :D Meine hatte einen tiefen Bariton.

Natürlich konnten wir nicht so oft anhalten, wie wir das allein gekonnt hätten, aber unser Guide sorgte dafür, dass wir in regelmäßigen Abständen unsere Glieder strecken und genug tolle Aussichten genossen konnten. Er war total fotogeil und so hatten wir recht schnell ein paar tolle (Gruppen-)fotos zusammen.


Aber auch während der Fahrt, ohne immer erst gefährlich am Straßenrand zu parken, konnten wir viel beobachten. So erhaschten wir einen Blick auf eine Friedhofszeremonie, auf Häuser, die ihre Balkongeländer mit glänzenden Mercedes-Sternen schmückten und herum stehenden Kühen, die sich von uns so gar nicht beirren ließen. Leider sahen wir aber auch viele Kinder, die ihren Eltern bei der Feldarbeit oder im Restaurant halfen und obwohl uns viele fröhlich zuwinkten, stellten wir mit Erstaunen fest, dass auch einige der Jungen den Mittelfinger in die Höhe reckten, wenn unsere Kolonne vorbeizog. Wer weiß wo sie das aufgeschnappt hatten. Manche winkten sogar erst und wenn wir zurück winkten, schauten sie böse und zeigten dann erst den Mittelfinger. Oups. Müll lag auch ÜBERALL herum, auf den Feldern, bei den Tieren, auf den Straßen.

Es waren so viele Eindrücke, dass wir erleichtert waren, als die letzte steile Kurve geschafft und wir an der Unterkunft in Yen Minh angekommen waren. Mit uns war noch eine andere Gruppe hier. Eric und ich hatten zwar an sich gar nicht gewusst, dass wir hätten ein Einzelzimmer für uns hinzubuchen können, aber wir hätten das Geld eh gespart. Und so fand sich Eric gemeinsam mit 7 jungen Damen in einem Zimmer wieder. Ich sicherte ihm das Bett in der Ecke, schob meine Matte ran und die anderen verteilten sich ans andere Ende. Glücklicherweise blieben einige Matratzen unbelegt :) Beim Abendessen wurde wie auch zum Mittag der Tisch reichlich eingedeckt und jeder bediente sich an allem (Frühlingsrollen, Reis, Nudeln, Gemüse etc.) und dann stießen wir alle lautstark auf Vietnamesisch an. Sie tranken hier „happy water“, also Wasser, was glücklich macht und es war sogar als Tagespunkt bei unserer Tourenbeschreibung aufgeführt, nur hatten wir vorher nicht gewusst was es war und ich bekam diesen Reisschnaps nicht runter. Auch wenn er nicht ansatzweise einem Vodka oder Gin gleich kommt. Ich trank stattdessen Cider; die Homestays hielten Listen zum Abstreichen bereit. Gezahlt wurde beim Auschecken.

Danach saßen wir alle an einem langen Tisch im Hof, die hier lebenden Kinder scharrten sich neugierig um uns, drehten völlig auf (wie das bei übermüdeten Kindern so ist), einige aus der anderen Gruppe genossen ihr Rampenlicht beim Karaoke-Singen, die Guides rauchten aus einem riesigen Bambusrohr und spielten Billard. Mir wurde dieser Tumult irgendwann viel zu anstrengend und ich genoss für ein paar kostbare Minuten das Zimmer zum Blog schreiben ganz für mich allein, dann kam Eric dazu, die Mädels folgten kleckerweise. Den ersten Tag hatten wir überlebt.


Das wird unsere Strecke:


42 Ansichten2 Kommentare

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2 Comments


ankewolfundco
ankewolfundco
Apr 12, 2023

Mein LieblingsSatz: Ich hupe, also bin ich. 😂😂😂

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einjahrblau
Apr 12, 2023
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Oh ja, auch einer meiner bisherigen Favoriten :D

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