Wir hatten hin und her überlegt, ob wir von Hue nach Hoi An über den Hai Van Pass mit dem Motorrad fuhren. Aber mein Handgelenk schmerzte leider noch immer von den zwei Stürzen und wir hatten heute Abend für 18 Uhr Tickets für eine Show, mussten also die Zeit im Auge behalten. Ich war bis zur letzten Minute unschlüssig, aber das war mir dann doch alles zu gehetzt.
Unser Zug fuhr 8 Uhr in Dong Hoi ab, aber da galt es erstmal hinzukommen. Eigentlich wollten wir einfach den öffentlichen Bus nehmen, aber wir wurden gewarnt, dass er mitunter so oft anhält, dass wir den Zug möglicherweise verpassen. In unserer Unterkunft und auch im Restaurant hatten wir mehrere angesprochen, ob sich jemand einen Fahrer teilen möchte, aber niemand nahm den gleichen Zug. Also bissen wir in den sauren Apfel und hatten über unsere Unterkunft einen Fahrer gebucht. Das war das erste Mal, dass ich die Dame lächeln sah…Wir bekamen eine halbe Stunde eher Frühstück und dann kam auch schon 6:45 Uhr der Fahrer, verstaute unsere Rucksäcke und überpünktlich kamen wir nach 45min am Bahnhof an.
Wir hatten wieder eine Liege gebucht und konnten so nochmal zwei Stunden schlafen, aber diesmal waren statt vier gleich sechs Liegen in einer Kabine und wir passten kaum zwischen Bett und Decke - da wir natürlich ganz oben lagen. Das erforderte schon akrobatische Kenntnisse da rauf zu kommen und ich war alles andere als glücklich. Da die Herren unter uns meine Bitte Kopfhörer zu nutzen, gleich wieder ignorierten, ließ ich eben auch laut Musik laufen und diese Gegenbeschallung half dann doch. Meine Güte! Ist doch nicht so schwer. Die Klimaanlage knapp über unseren Köpfen blies eiskalte Luft in unser Gesicht und nach zwei Stunden hielten wir es nicht mehr aus, ließen unser Gepäck da und suchten uns im Nachbarabteil einen Sitzplatz. Die wären teurer gewesen, aber scheinbar fiel es nicht auf.
Dort konnte ich schreiben und mich strecken - viel besser. Als wir anhielten, machten wir neuen Reisenden Platz, da man hier immer reserviert und sahen India & ihre Freundin (vom Ha Giang Loop) wieder und fanden nach einem kurzen Small Talk zwei neue Plätze, da wir nun noch bis Da Nang durchfuhren würden. Mit dem Zug ist es noch schöner als mit dem Bus, weil die Gleise an der Küste entlangführten und einen Blick auf Strände und das Meer freigab. Ab da ging es noch weiter bis nach Hoi An, der wohl romantischsten Stadt Vietnams (damit auch sehr stark von Touristen frequentiert und kitschig, aber schön).
Einen Bus zeigte es uns nicht an, keiner wollte es auf Englisch verstehen, aber wir waren natürlich sofort umringt von eifrigen Taxifahrern. Wir nahmen uns erstmal die Zeit zu schauen, ob sich jemand ein Taxi teilen möchte und was es offiziell über die App kosten würde, dann entschieden wir uns für einen ruhigen Fahrer, der ein faires Angebot machte. Für die folgenden drei Nächte hatte ich uns ein besonders hübsches Hotel auf einer kleinen Insel innerhalb der Stadt gebucht, von dem man aus fußläufig die bekannte Altstadt erlaufen konnte (oder mit einem Mietrad des Hotels loszog). Zuerst einmal gaben wir Wäsche ab :D Priorität Nummer eins :) Dann kamen wir bald vor Hunger um und probierten nebenan nochmal "Cao Lau". Und siehe da: es war überraschend lecker und überhaupt nicht scharf wie in Hanoi. Die Köchin hatte sich also damals doch mit der Soße vertan. Wir erfrischten uns im Hotelpool und entspannten im Garten auf der Liege - endlich nutzten wir auch mal die Anlage.
Bis es Zeit wurde zu gehen :) Wir zogen uns an, ich machte mich schick und scheinbar übte das Flair der Stadt schon Auswirkungen auf Eric aus, denn als ich aus dem Bad kam, schaute er mich an und sagte: „Wie ein leuchtend blauer Stern.“ Thihi. Damit wir es mit der Romantik aber nicht übertrieben, fügte er sogleich hinzu: „Nun aber flott, kleine Karott.“ Und dann radelten wir todesmutig durch den Verkehr auf blauen (!) Fahrrädern. Allerdings konnte die hübsche Farbe auch nicht über den Zustand & die Unbequemlichkeit hinwegtäuschen ;)
Wir trafen Katrin & Daniel vor der hölzernen Theaterkuppel. Die beiden hatten wir im Bahnhof in Ninh Binh kennengelernt, wie ihr euch sicher erinnern könnt, da ihr ja brav in Reihenfolge lest ;) Alle bekamen einen süßen, leckeren Erfrischungstee, dann wurden die E-Tickets in Karten umgewandelt und es ging rein. Empfohlen bekommen hatten wir den Bambustheater der „Lune Production“ (Mond-Produktion) von den zwei Brasilianerinnen in Sapa. Während der Show waren Foto- und Videoaufnahmen verboten, was für euch zwar schade ist, aber auf Google findet ihr tolle Fotos und für uns, das Publikum, wurde es ohne Handy in der Hand oder vorm Gesicht ein viel intensiveres Erlebnis. Wir hatten die preiswerteste Kategorie genommen, da kam die Karte schon 27€ und saßen außen ganz vorn. Wir saßen zwar etwas schräg, blickten aber direkt auf die Bühne und Eric wurde sogar während der Show mal von einem Darsteller am Bein gekitzelt, als er die Treppe bei uns runterkam :D
Was soll ich sagen? Wir waren gefesselt von dieser Anmut, den Gesängen, den Muskeln, der Akrobatik und ich hatte fast fortwährend Gänsehaut. Einige der Instrumente hatten wir vorher noch nie gesehen bzw. gehört und es war Wahnsinn! Wir waren völlig begeistert und für eine kurze Zeit in einer anderen Welt eingetaucht. Tiere im Zirkus braucht´s ja schon echt lange nicht mehr, das sollte in jedem Kopf angekommen sein und wenn der hier mal wieder auf Welttournee geht: bucht ein Ticket :) Der Bambus in unterschiedlichen Stärken & Längen wurde geschwungen, gedreht, rauf geklettert, als Instrument genutzt und Eric zuckte einmal zusammen, weil er dachte, er kriegt es auf den Kopf :D Ich kann es nur schwer in Worte fassen, aber es war gigantisch zu sehen, zu was der menschliche Körper in der Lage ist :) Hinterher hätte man noch Fotos mit den nun singenden, vorm Theater sitzenden Künstlern machen können, aber das wollten wir nicht, denn wir gönnten ihnen einfach Ruhe und eine Dusche. Wie wir da so standen und unsere Fahrräder holten, für die wir sogar eine Art Parknummer bekommen hatten, sahen wir ein junges Paar, die eine Tasche auf den Boden stellten, ihr Baby reinsetzten und es an beiden Henkeln davontrugen. So trägt man(n) heute sein Kind ;)
Wir fuhren ein Stück mit dem Rad, gaben aber schnell auf, da sich sehr viele Menschen hier tummelten. Wir waren gewarnt worden, dass diese Stadt sehr touristisch ist. Aber für mich heißt das: sie ist so schön, dass viele sie sehen wollen :) Und es war hier auch total hübsch. Überall leuchteten Laternen, die Boote fuhren ähnlich wie in Venedig unter den Brücken hindurch und wie auch in Amsterdam gab es Straßen nur für Fußgänger und Radfahrer. Das war mal angenehm und ich verschob es auf morgen mich an all den Ständen umzusehen ;)
Denn jetzt trieb uns der Hunger vorwärts. Daniel hatte ein veganes Restaurant in einer ruhigen Seitengasse ausgesucht und es war eine vortreffliche Wahl! Ein richtig hübscher Innenhof mit einer liebevollen, witzigen Speisekarte, gutem Essen und endlich gab es mal Desserts. Wir genossen zu viert den Ausklang des Abends und erzählten uns gegenseitig Anekdoten. Die beiden flogen weiter nach Taiwan und waren auch schon in Südkorea wandern - beide Länder hatten wir noch nie wirklich auf dem Schirm. Da ich das Erlebnis der Show noch Revue passieren lassen wollten, fuhren wir direkt gegen 21:30 Uhr zurück ins Hotel - mit dem wohl bequemsten Bett ganz Vietnams und hoben uns die süßen Gassen für morgen auf, wenn wir wieder aufnahmebereit sind :)
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