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einjahrblau

Tag 243: Laternen- und Lichtermeer im romantischen Hoi An

Dieses Bett war sooo bequem, dass wir es eigentlich gar nicht wieder verlassen wollten. Wir hatten auf jeden Fall super geschlafen und wählten zum Frühstück Knuspermüsli mit Obst und Joghurt. Richtig lecker, da wir es lange nicht gegessen hatten (bis auf das eine Mal in Phong Nha).

Danach bummelten wir noch etwas rum bis wir uns ein Fahrrad schnappten und in die Altstadt fuhren.

  • eigentlich brauchte man hier ein Ticket, d.h.eine Art Eintrittsticket, weil so viele Touristen hindurch schlendern, dass man während seines gesamten Aufenthaltes einsteckt

  • die Altstadt lockte mit alten Häusern im Kolonialstil, unzähligen Cafés & Restaurants in den verschiedenen Gassen sowie zahlreichen Ständen

  • von dem Ticket hatten wir nur zufällig auf einem Blog gelesen, ansonsten gab es hier gar keine Info, weshalb wir es erstmal ignorierten


Erstes Ziel: die Rucksäcke abgeben. Die zerrten nicht nur an den Schulter, sondern auch an den Nerven. Die Hotelrezeptionistin hatte uns einen Mann empfohlen, der Schuhe und alles mögliche repariert und bei Google Maps markiert, wo er sitzt. Gleich daneben gab es einen Optiker, der klebte erstmal kostenlos Erics Gläser wieder fest. Es ging einfach alles in die Brüche, hier…wenn einer eine Reise tut. Ich sag’s euch.

Dann fanden wir die Frau und ihren Mann und setzten uns auf diese kleinen Kinderhocker um ihnen zu erklären, was wir brauchen. Sie meinten wir sollen die Rucksäcke morgen Nachmittag abholen, zeigten uns das Leder, was sie verwenden wollen und schmissen unsere Rucksäcke dann hinter sich auf einen Haufen. Wir fuhren weg und hofften sehr, dass wir sie wiedersehen. Denn das hier war kein Laden, sondern Kinderhocker am Straßenrand. Wenn die hier morgen nicht sitzen, sehen wir alt aus. Aber gut…wir wollen Vertrauen in die Leute haben.

Wir bogen in die Ecke, da Eric gern ein Ban Mhi Sandwich essen wollte. Ich entschied mich für die Tofu-Avocado-Variante. Ein weiteres Ziel war eine Massage zu buchen. Seit Beginn unserer Reise träume ich davon. Auf dem Weg hatten wir schon ein Spa auserkoren; die gibt es hier wie bei uns Handyläden und Nagelstudios. Per WhatsApp buchten wir und während wir aßen, wurden alle vorbereitet. Wir warteten noch eine halbe Stunde, damit wir nicht mit vollen Mägen dort lagen. Aber bis 14 Uhr gab es 20% Rabatt, deshalb hatten wir zugeschlagen. Abends sind sie gut besucht und so locken sie auch Kunden am Tag an - funktioniert :)

Eric bekam eine Sorte 60min Rücken, Nacken, Schultern, Kopf-Massage und wollte erst nicht! Ich wählte einen 60min Mix aus Relaxing-Öl & Aroma-Therapy-Kräuter-Massage. Wir zahlten je etwas über 20€.

Zuerst wurden unsere Füße in Zitronengras-Ingwer-Wasser gebadet und mit Salzpeeling abgerieben, dazu gabs kleine Kokoscracker (die wir später in einem Laden kauften). Dann wurden wir nach oben geführt und unsere beiden Liegen standen nebeneinander. Hach wie schön. Wir genossen es und danach war Eric mega happy sich doch seinem Schicksal ergeben zu haben und wir sollten noch eine Minute bei einer Tasse süßem Tee ruhen. Meine Masseurin sagte zu Eric immer wieder wie glücklich er sich schätzen könne, ich sei so schön. Ich nehme an, dass sie ganz angetan war von meiner zarten Blässe :D

Tipp: Ruhig außerhalb der abendlichen Stoßzeiten gehen, dann spart man Bares ;)

Eingeölt und tiefenentspannt mischten wir uns wieder ins wilde Treiben, bogen aber in eine kleine Seitengasse ein. Die Stadt ist ja bekannt für ihre Lichter und Laternen, die ursprünglich in rot aus China gekommen sind und dann hier abgewandelt wurden, wobei jede Farbe eine andere Bedeutung trug. Und an verschiedenen kleinen Läden, so hatte mir Google Maps verraten, konnte man selbst eine Laterne gestalten. Wir hatten das Gefühl bei der nettesten Frau der Welt zu sitzen, geschwind holte sie zwei Plastikhocker und zog einen Tisch heran, sie sprach ein bisschen Deutsch, gutes Englisch und ein wenig Französisch und sogar andere Kunden hörten wir, wie sie sagten, sie seien extra zu ihr zurückgekommen. Wir wählten für je 5.80€ zwei verschiedene Gestelle und den Stoff. Das ging relativ schnell, standen ja nur die blauen zur Auswahl ;)

Eric wählte hellblau mit Fischen und bekam die runde Form, ich wählte einen dunkleren Ton mit Kranichen. Scheinbar hatten wenige Geduld, denn die Assistentin übernahm den Großteil der Arbeit: sie schnitt uns den Stoff in vier kleinere Teile und beklebte auch schon die zwei Streifen Pappe für oben und unten mit dem Stoff. Wir hätten gern mehr selbst gemacht, aber so blieb uns die Bambusstreben mit Leim einzuschmieren, den Stoff darüber zu spannen und faltenfrei anzukleben. Schwieriger wurde es da schon die überschüssigen Enden gerade und sauber abzuschneiden. Wir hatten gedacht, da komme noch etwas drauf, aber nein das blieb so und am Ende gefielen sie uns sehr gut. Die kleinsten Lampions kann man nicht zusammen falten, die größten nahmen zu viel Platz ein und so hatten wir uns für die mittlere Größe entschieden und ich hoffte sehr, dass wir sie zusammengedrückt im Rucksack heil nach Hause bekamen. Drei Monate nur noch…


Ich war happy und Eric dachte sich: „Happy wife, happy life.“ und wir schlenderten weiter durch die Gassen. Wir suchten noch eine Bank auf und fuhren in der Nachmittagshitze erstmal über die kleine Brücke zurück ins Hotel. Dort erfrischten wir uns im Pool und entspannten wieder im Garten bevor wir abends nochmal loszogen. Katrin & Daniel kränkelten etwas, die würden wir heute nicht treffen. Wir schnappten uns wieder die klapprigen Drahtesel und Eric hatte ein „Bun Cha“ Restaurant aufgespürt. Das lag entgegengesetzt zum Altstadt-Trubel, was wir zum Essen sehr angenehm fanden. In Hanoi hatte uns diese für Hanoi typische Suppe so geschmeckt, sodass wir uns freuten sie hier nochmal essen zu können und da wir die einzigen Gäste waren (das Restaurant gibt es erst seit wenigen Monaten), stieß der Chef mit Reißwein mit uns an. Erst probierten wir ihn mit Zimt, dann mit Banane versetzt - gebraut, wie er uns stolz erzählte, von seinem Opa. Heute probierten wir noch etwas Neues als Nachtisch: schwarzen Klebereis mit Joghurt. War gut, aber echt süß und wir waren froh, uns eins zu teilen.

Von hier fuhren wir zurück und schlossen die Räder an. Wir stürzten uns ins Getümmel und versuchten den starken Fisch- und Essensgeruch zu ignorieren. Das Fleisch lag ungekühlt auf einem Tisch und die Verkäuferin wedelte mit einem Zweig die Fliegen weg - lecker. Die pickelige Stinkefrucht verströmte auch ihren penetranten Duft.

Dann wurde es interessant: ein Laden fertigte individuelle Stempel auf Kundenwunsch an, z.B. Gesichter und mir fielen da so einige ein, die hier ein kleines Vermögen hätten ausgeben können. Mir fiel vor Schreck kein Spruch zu einem kleinen Wolf ein und ich ließ mir erstmal die WhatsApp-Nummer geben. Wir zogen weiter durch die Gassen und bewunderten die Laternen und tata: Gonzalo hatte sich das maximal kitschige Foto gewünscht. Ein Kuss vor Laternen, besser gehts nicht :D Auch wenn keines wirklich perfekt ist (zu dick, zu schattig, zu schräg), das sind eben wir :D Wir kamen uns so albern vor, aber er war so happy, als wir es ihm schickten, der alte Romantiker ;) Wir ließen uns außerdem zwei kleine Mango-Küchlein aufschwatzen, aber außer Erdnuss schmeckten wir nur Mehl. Enttäuschend, aber probieren geht über studieren. Für frische, in Streifen geschnittene Mango hatten wir nun keinen Platz mehr im Bauch und so richtig wissen wir auch nicht, wie lange die hier ungekühlt schon standen.


Jedes Boot wurde von zwei Laternen geschmückt, aber die 20min hin und her im emsigen Treiben reizten uns ebensowenig wie die kleinen Wunschlichter, die man ins Wasser lassen kann. Denn meine Lieben: wo werden die wohl landen? Einige wurden von den alten Ladies mit einem Bambuskörbchen zwar aus dem Wasser gezogen um sie wieder zu verkaufen, andere sahen wir aber als Müllhaufen am Ufer, zusammen mit zahlreichen Trinkbechern und sicher sind schon zahlreiche auf den Flussboden gesunken. Es ist eben nicht immer alles Gold was glänzt, so schön das Erinnerungsfoto ja auch sein mag. Wir waren eh skeptisch und vermuteten irgendeine Masche, etwas größeres dahinter. Denn es hockten nur ganz hochbetagte, runzlige, für unseren Geschmack Mitleid erregende Frauen auf dem Boden, zündeten die kleinen Kerzen an und versuchten sie zu verkaufen. Wir hätten ihnen lieber etwas zu Essen gekauft, aber um ehrlich zu sein sahen die meisten zahnlos aus. Es war schon seltsam, da z.B. alle anderen IMMER wenigstens kleine Plastikhocker an ihren Ständen hatten.

Die weiteren Schattenseiten des Tourismus sahen wir als wir die glitzernde Brücke überquerten. Erst waren wir natürlich verzaubert von den vielen Laternen & Lichtern, auch wenn wir darauf verzichteten für $1 ein Foto im Beisein von Schaulustigen vor einer Laternenkulisse zu machen. Am Anfang warfen wir auch mal einen Blick auf die Flyer, die hier so fleißig verteilt wurden um für Bars und Happy Hours zu werben. Irgendwann nervte es aber. Doch dann sahen wir ihn. Den flauschigsten Hund des Planeten, wie er da in einem Bauscheinwerfer saß unter grellen Lampions und nur weil er niedlich war als Foto-Accessoire für lauter dumme Touristen herhalten musste (nur asiatisch aussehende, sorry). Ich wünschte allen die Pest an den Hals; es brach uns das Herz. Wenn er sich hinlegen wollte, zog ihn der Besitzer wieder hoch, zwickte ihn in die Wange, die Zunge hing fast bis Anschlag raus. Wozu zur Hölle macht/ braucht man so ein Foto?! Wieso können Millionen Menschen nicht bis zwei zählen? Wir übersetzten mit unserer App auf Vietnamesisch: „Das ist Tierquälerei! Schämen Sie sich! Er hat Durst!“ und ich hielt es dem Besitzer vor die Nase, verziert mit einem Todesblick. Dem Hund konnten wir nicht viel helfen, Wasser hatten wir nicht dabei, aber es war uns eine Genugtuung diesem widerlichen Menschen verstehen zu geben, dass nicht alle seine Machenschaften gut heißen. Er winkte ab, verkniff den Mund und drehte sich weg…jaja, der wusste genau was Sache ist. Ab da konnten wir dieses Spektakel nicht mehr richtig genießen. Als Eva uns hinterher schrieb, wir sollen uns einfach auf das Schöne, die Laternen und das Ambiente FOKUSSIEREN, da dachte ich, ich springe sie durchs Handy an. Es ist nicht schön sich mit so was auseinander zu setzen, aber wir verschließen unsere Augen nicht vor der Realität und von einer österreichischen Kollegin hatte ich mir mehr gehofft, denn der Schlüssel liegt meiner Meinung nach in der Bildung. Wir sind auch nicht perfekt, Gott bewahre. Dann dürften wir z.B. nicht fliegen (CO2 Ausstoß) und gar kein Fleisch essen. Aber wir versuchen zumindest halbwegs gute Menschen zu sein und wollen solche Problematiken nicht totschweigen. Wer sich heutzutage noch eingesperrte Tiere anschaut, gehört selbst eingesperrt. Aber nun gut, genug davon.

Wir trotteten langsam zurück und Eric wollte gern noch für ein Bier irgendwo einkehren und das Treiben am Fluss genießen. Ich quengelte ein wenig rum, die Laune war so mittelmäßig, aber dann fanden wir ein ruhigeres Fleckchen mit nur weißen Lampions und genossen einen Abenddrink. Ich hatte einen Erdbeer-Mojito und Eric ein Passionsfrucht-Mango-Bier aus hauseigener Brauerei. Keine Sorge, das wussten wir natürlich trotzdem zu genießen :) Allerdings entdeckten wir mit Erschrecken, dass sich Eric im Flugdatum vertan hatte. Er hatte keine Flug für übermorgen, sondern für Mai gebucht. Oh Schreck! Das ist eben manchmal der Nachteil wenn man so viele Dinge vergleicht, nachschaut und dann auch noch nur über den Handybildschirm. Er war ganz geknickt, aber es war Gott sei Dank der billigste Flug (anderthalbstündiger Inlandsflug) unserer ganzen Reise und wir konnten noch ein neues kaufen, sodass wir morgen Abend zum Flughafen fahren würden. Die eine Nacht im Hostel, die für morgen in der Nähe des Flughafens geplant war, ging sogar zu stornieren. Es war also nochmal gut gegangen und der Verlust war Lehrgeld, was zum Reisen eben dazu gehörte. Hätte mir auch passieren können.

Und danach kämpften wir uns tapfer durchs Gedränge an all den Ständen zurück. So viele Eindrücke wollten verarbeitet werden und im Hotel kam meiner Schwester per WhatsApp die Idee unseren Eltern einen Stempel anfertigen zu lassen. Ich fragte mal nach und sie hätten tatsächlich gern ihr Logo für ihre liebevolle Galerie in Borna, in das sie v.a. am Wochenende so viel Herzblut hineinstecken. Ich gab den Auftrag auf (dazu reichte es das gewünschte Bild an die WhatsApp-Nummer zu schicken und dann segelten wir ins Traumreich über.

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1 Comment


ankewolfundco
ankewolfundco
Apr 18, 2023

Und der Stempel war eine super Idee und ist hübsch geworden. Was es so alles gibt! Erstaunlich. 😘

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