top of page
einjahrblau

Tag 27 - Paddeln & Nachtwanderung im Amazonas

Aktualisiert: 25. Juli

Die Nacht war sehr kühl gewesen, sicher auch auf Grund des Unterschieds zur Pazifikküste. Aber Eric ist ja ein kleiner Ofen, da wurde einfach näher zusammengerückt - was in dem kleinen Bett sowieso unvermeidlich war. Wir mussten uns erstmal aus dem Netz rauskämpfen, das super eng gesteckt war. Wir wanden uns quasi wie Würmchen heraus. Dann spülten wir mal wieder tote Ameisen vom Waschbecken und schüttelten alle Sachen aus.

Unser erstes Frühstück war recht mau, wenn die Portionen so klein blieben, dann machen wir hier eine Diät-Kur. Wobei…ist ja oft frittiert.


Wir chillten in den Hängematten, da sie gerade frei waren. Dann hieß es auf einmal in 9min ginge es los. Na Moment, wohin denn? Wie lange? Was brauchen wir? Erstmal Gummistiefel, das verhieß selten was Gutes. Eric behielt seine Schuhe an. Gemeinsam mit einem norwegisch-kolumbianischen Paar, einer dreiköpfigen niederländischen und einer vierköpfigen tschechischen Familie und unserem wortkargen Guide liefen wir in den Dschungel hinterm Reservat. Die Runde dauerte keine anderthalb Stunden. Ständig schlug er mit einer Machete um sich, entweder es macht Spaß, ist ein Ausdruck von Männlichkeit oder er dachte wirklich der Weg wäre zu klein. Er zog auch ständig irgendeinen Farn oder Baum oder Rinde heran und spulte gelangweilt runter, dass man dies für das, und jenes für dieses verwende und flechte und baue und was weiß ich. Er wartete nie bis alle aufgerückt waren, eine weitere Touristin übersetzte halbherzig mit leiser Stimme - war ja auch nicht wirklich ihre Aufgabe.

Die Niederländer hatten es hier schon vollends aufgegeben, erzählten sie. Sie sprachen nicht mal ein wenig Spanisch, waren auch in die Irre geführt worden mit dem englischsprachigen Chat und die Touren, die sie gern gebucht hätten, waren wohl nicht möglich. Ein Highlight war einer der riesigen Amazonasbäume, den wir alle bestaunten, den Kopf in den Nacken legten, fotografierten und wirklich bewunderten. So was mögen wir. Wir sahen auch einen riesigen blauen Schmetterling, doch der Meister wollte ihn immer mit den Fingern fangen, sodass wir immer alle „No!“, „Nein!“ schrieen. Wir wollten einfach nur gucken, nicht anfassen. Wie auch beim Tauchen. Wir sahen noch kleine hellblaue und orangefarbene Schmetterlinge, kleinere Spinnen und Grashüpfer. Das war´s. Uns dämmerte so langsam, dass es das auch bleiben würde.

Der Dschungel spuckte uns bald wieder aus und dann saßen wir ratlos auf der Terrasse an den Tischen. Wir dattelten ein wenig auf dem Handy herum und warteten. Nichts tat sich, es war auch niemand von den Angestellten zu sehen. Irgendwann kam einer und wollte uns mit seiner Begeisterung anstecken, dass wir nachher Kanu fahren würden. Nachher hieß allerdings, dass wir ingesamt fast 4h warteten. Das war doch ein Witz.


Eric lernte Spanisch und schaute dann Äffchen zu. Ich wusch unsere Wäsche. Wir hatten eine Wäsche-Seife und ich breitete und zerschnitt eine Tüte, zog sie übers Waschbecken und weichte ein - es gab keinen Stöpsel und so konnte das Wasser nicht auslaufen. Irgendwann nervte die Tüte und ich seifte, schäumte und schrubbte ein Shirt, Hose, Socke nach der anderen und hing es im Zimmer auf die Leinen. Ich hatte ja Zeit. Und so würde es hoffentlich noch trocknen und alles nicht mehr ganz so streng riechen. Ich freue mich auf den Samstagnachmittag, wenn wir zurück sind und ich ALLES waschen kann. Die Freuden des Alltags.

Beim Herausgehen fiel dann die Gardinenstange über der Tür runter, meine Brille blieb Gott sei Dank ganz, aber ich hatte jetzt einen Kratzer im Gesicht. Man ey…


Ein französisches Mutter-Tochter-Gespann bekam später das kleine Kanu mit den großen Löchern im Boden, wir das etwas größere mit kleineren Löchern. Uns begleiteten zwei gelangweilte junge Männer; der eine hatte sich ja schon als Supergau im Wald bewiesen. Jeder hatte ein Holzpaddel, aber es war voll kurz. Die Boote waren recht schnell vollgelaufen und wir schöpften immer mal Wasser raus. Als ich sah wie Frauen die Wäsche im Fluss wuschen war ich ganz froh es selbst gemacht zu haben ;)

Unser Begleiter entdeckte ein Nutria am Ufer, stieg aus, erschreckte es und es schwamm davon. Der andere, mit den Französinnen, paddelte hinterher und sie schrieen und plötzlich paddelten wir auch hinter. Das kleine Wasserratten-Tier versuchte panisch auszuweichen, schwamm dann aber voll auf das Kanu zu und dann ging es ganz schnell: der andere sprang ins Wasser, schnappte das Nutria und brachte es aufs Boot. Dann hing es da in seinen Armen und man sah den Augen an, dass es sich so langsam aufgab. Oh je. Sollte das der Moment sein, indem ich zur Vegetarierin wurde? Unser Begleiter holte von irgendwoher einen Strick, band die Hinterbeine zusammen und eine Art Leine um den Bauch. Doch das Tierchen strampelte, plumpste ins Wasser und wieder schrieen wir vier Europäer, die zwei Jungen lachten. Auf einmal ging das kleine Köpfchen unter und wir jaulten alle auf. Wir sahen doch jetzt hier nicht zu wie das Tier ertrank? Nein, unserer sprang rein, holte es wieder raus und wir paddelten zurück. Das ganze waren keine 30min und wir hatten kaum Strecke zurückgelegt. Ich lachte Tränen, weil die Französinnen verzweifelt versuchten auf die Löcher im Boden aufmerksam zu machen und uns baten sie hier nicht untergehen zu lassen. Die Situation, alles hier, war einfach so seltsam und lächerlich. Unser „Guide“ versprach, dass er das Nutria frei lassen würde (wir erfuhren aber später von anderen Gästen, dass er in der Küche verschwunden ist) und wir stiegen nun alle nochmal in das große Kanu und paddelten - sinnloserweise - das gleiche Stück nochmal flussaufwärts und plauderten ein wenig. Rückzu trug uns der Fluss zurück.

Da es Eric etwas besser ging und wir vielleicht sonst vor Langeweile sterben würden, nahmen wir heute an der Nachtwanderung teil. In Costa Rica hatten wir erfolgreich drauf verzichtet, aber hier wollten wir wenigstens irgendwas für unser Geld bekommen. Schön war es nicht. Wir sprühten uns von oben bis unten ein, schlüpften in Gummistiefel und aus Erics kam erstmal eine Tarantel, sodass er ihn wegschleuderte. Das war uns eine Lehre - immer erst alles ausschütteln. Natürlich brauchten wir unsere eigenen Stirnlampen, Pech für die, die keine mit hatten. Und dann ging es los. Es war - waren sie echt so faul und desinteressiert? - quasi die gleiche Runde von heute Vormittag, nur verkürzt. Wir zogen die Kapuzen hoch, ich steckte die Hände in die Taschen und versuchte nichts zu berühren. In wirklich jedem kleinen Bodenloch streckte uns eine Tarantel ihren beharrten Popsi entgegen. Es war so widerlich. Eric war so mutig eine auf die Hand zu nehmen und er wird mich nie wieder anfassen dürfen. Dann kamen wir noch in den Genuss eine Schlange zu sehen und einen grünen, nervös quakenden Frosch. Nach ca. 50min war der Gruselspaß vorbei. Die blaue Luminisenz, von der Tamara geschwärmt hatte, gab es erst wieder im September (3x im Jahr).

Das Abendessen wartete.

Beim Abendessen fragte ich ganz genau nach: es war Fisch, wie immer. Aber sie aßen höchstwahrscheinlich das Nutria. Wir fragten nochmal nach dem nicht funktionierenden Licht. Es ist wohl repariert wurden. Man kann die Zimmer nicht abschließen, also konnten sie ja einfach rein. Als wir schauten, flackerte das Badlicht kurz auf und erlosch. Hier wimmelte es auch von Ameisen, die die Kabel fraßen. Was auch immer sie repariert hatten, es hatte nicht gereicht. Da wir hier irgendwie durchhingen, konnten wir uns auch nicht durchringen eine Entscheidung für unsere letzten fünf Tage zu treffen, die wir uns extra „aufgespart“ hatten. Wir konnten einfach nicht, denn wir hatten es so satt noch mehr Geld für schlechten Service und Sinnlosigkeiten auszugeben. Und egal für was wir uns entscheiden würden: wir verpassen sowieso ganz viel, wollten aber die nächsten Jahre weitestgehend in Europa bleiben und definitiv nicht nochmal nach Kolumbien zurück. Die Begeisterung anderer Reisender (7-1,5 Jahre her) teilen wir absolut null. Jake, Paul, Tamara und Monika und alle anderen: wir freuen uns, dass es bei euch schöner gewesen war :D

20 Ansichten1 Kommentar

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

1 comentário


Danielle Lund
03 de ago.

Habe laut gelacht. Es tut mir leid für euch aber ohne diese Tage, würde der Schreibstil einfach nicht zum Tragen kommen.

Curtir
bottom of page