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einjahrblau

Tag 272: Mount Manaslu Circuit- vierter Tag

  • von Namrung (2.630m) nach Samagaon (3.540m)

  • ca. 17,5 km Wegstrecke

  • ca. 1.900 Höhenmeter aufgestiegen

  • ca. 990 Höhenmeter abgestiegen

  • Zeit: ~7-8h (inkl.Pausen & Fotos machen)


Am Morgen stimmte mal wieder die Rechnung nicht. Eric rechnete wieder nach; das ist sicher keine Absicht wie in Costa Rica ;) Aber die besten Kopfrechner sind sie nicht.

Wir liefen im Sonnenschein los, Urken mussten nochmal unseren Permit vorzeigen und holte uns natürlich wieder ein. Die Strecke heute war prinzipiell echt schön und viel weniger auf und ab. Wenn es nach oben ging, blieben wir auch oben. Aber ich hatte heute meine neuen Wanderstiefel an, weil ich mir in den anderen (als sie letztens nass waren) an den beiden kleinen Zehen Bläschen gerieben hatte. Es kam nun wie es kommen musste: ich rieb mir an der Hacke eine neue. Urken hatte genug Verbandsmaterial mit und wir klebten alles. Währenddessen sprang ein kleiner Junge um uns herum und als Stöckli 1&2 umfielen, hob er sie auf und reichte sie mir stolz. Wir gaben ihm ein Stück von unserem gestrigen Schoko-Hefe-Zopf und jetzt strahlte er über beide Ohren. Ich drehte mich mehrmals um und winkte diesem süßen kleinen Dreckspatz hinterher. Ich hätte so gern mal sein Gesicht gewaschen, aber das wäre sicher seltsam gewesen. Auch Eric winkte und fand ihn super goldig.

Eigentlich sollte heute ein kurzer Tag werden, aber bis zum Mittag vergingen wieder fast vier Stunden und viele saßen da schon in der Sonne. Manchmal wählen die Sherpas das selbe aus und so saßen wir wieder neben den zwei Amerikanern und ich fragte endlich mal nach den Namen. Daniel und sein Onkel Bill. Wäre das auch geklärt :) Eric und ich bestellten nach dem langen Weg wieder zwei Portionen und teilten: Hörnchennudeln mit Gemüse und Spaghetti mit Tomatensauce, dazu eine Cola. Wir hingen danach faul in der Sonne rum und streckten uns, waren mal nicht in Eile und klebten meine Füßchen neu.

Die Landschaft wechselte zwischendurch und wir liefen durch einen kühlen, schattigen Wald (Urken sagte immer Dschungel) - eine Wohltat, da wir noch so viel Sonnencreme nutzen konnten, die Sonne brannte trotzdem. Wir sahen außer der hiesigen Yaks und Maulesel noch eine Art Rentiere im Wald und erfuhren, dass hier ganz andere Gefahren lauern. Es gab prinzipiell Schneeleoparden, wenige Tiger, Bären, Wölfe und Giftschlangen. Na das ist doch was. Letztere hatten wir nur eine zerhackt auf dem Weg gesehen und wir hofften keines dieser Tiere hier von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Wir wären viel zu müde um uns zu wehren ;)


Im Wald schleppten wir uns über Stock und über Stein den Hang hinauf. Jeder Meter strengte an; wir plauderten zwischendurch mit Angi, der Spanierin, die sich immer freute uns zu sehen. Eric sprintete quasi nach oben und ich bedeutete ihm langsamer zu machen, da es doch frustrierend sein kann, den beiden Männern immer im großen Abstand zu folgen. Als ich näher kam, saß er und ich dachte er warte auf mich. Aber nein. Er hatte urplötzlich auf Grund der Anstrengung starke Hinterkopfschmerzen bekommen und wünschte er könne die Zeit um ein paar Minuten zurückdrehen. Oh man. Der Arme! Er meinte es fühle sich an, als sei ihm eine Ader gerissen. Er kämpfte sich schweigend unter Schmerzen nach oben und war nun mittlerweile kreideweiß. Urken bedeutete uns: nur noch 5min und dann kamen wir endlich im Ort Shyalah an. Ein unbezahlbares Gefühl! (Für alles andere gibts Mastercard.)

Urken ließ sich hinter dem Tor auf einer Steinmauer nieder und meinte wir würden hier Pause machen. Wir waren verwirrt. Warum gingen wir nicht gleich in die Unterkunft? Urken meinte oh nein, wir würden hier nicht schlafen (obwohl es das bisher geheißen hatte) sondern noch eine Stunde in den nächsten Ort laufen. Wie bitte?! Wir waren enttäuscht, besser gesagt schockiert, dachten wir doch, wir hätten es geschafft. Es stellte sich heraus, dass es sogar noch anderthalb Stunden waren und wir überlegten erstmal.

Wir verstanden ihn; er wollte, dass wir uns an die Höhe gewöhnen und morgen ohne Rucksäcke einen Berg zur Akklimatisierung hochliefen. Und das ging nur ab dem nächsten Ort Samagoan. Wir ruhten erstmal in der Sonne und genossen das Bergpanorama um uns herum. So ein schöner Ort in einer super Lage und wir würden ihn gleich wieder verlassen. Wir versicherten uns mehrmals bei Eric, dass er auch noch durchhalte und es okay wäre und da man nur so stark ist wie sein schwächstes Glied und ich mir Sorgen machte, mobilisierte ich all meine Kräfte und nahm ihm den schweren Rucksack ab; er nahm meinen leichteren und es ging viel besser.


Leider hatte Urken ein bisschen geschwindelt, denn es ging sehr wohl noch bergauf und wir krochen jeden Meter mühselig voran. Eric mit Kopfschmerzen, ich mit schwerer Last. Wir waren um jeden Esel froh, wegen dessen wir mal anhalten mussten :D

Die Spanierin teilte das gleiche Schicksal und wir holten sie ein. Wir sahen den Ort zwar, aber so fern, dass es einer Folter gleichkam wie langsam er näher rückte. Gott sei Dank sorgten süße flauschige Yak-Babys auf dem Weg für Ablenkung, auch wenn wir vorsichtig mit ihren Müttern sein mussten. Ja, eine weitere neue Gefahr :) Wir hatten uns wohl auch selber eine Gefahr an Erics Rucksack gehangen, zumindest wenn man dem nepalesischen Glauben angehörte. Auf dem Weg heute Vormittag hatten solche kleinen gewebten Drachen gelegen und wir hatten sie nicht nur hübsch gefunden sondern auch an den Rucksack gehangen um Urken zu fragen was das sei. Beim Mittagessen hatte er aber wieder einen seiner berühmten Powernaps gehalten und wir hatten es vergessen. Und nun lief er hinter mir, entdeckte es, meinte das bringe Unglück (daher also Erics Kopfweh!) und steckte es in die Erde. Die Menschen basteln diese Drachen um die Berggötter anzubeten und sich zu bedanken, quasi um die Berge milde zu stimmen und man muss sie auf den Weg, wo sie ausgestreut lagen, liegen lassen. Oupsi.

Ich staunte über ein blau bedachtes Schulgebäude und dann über die Größe des Ortes. Leider war unser „Hotel" erst in der Mitte des Ortes, sodass wir uns noch über das Kopfsteinpflaster vorbei an den Tieren und Steine klopfenden Frauen schleppten. Sie hatten es um einiges schwerer als wir. Jede hockte auf einem Steinhaufen und hackte aus den Steinen ohne Schutzbrille kleinere und immer kleinere, bis es Kiesel wurden. Oh je :/ Wie sie hier lebten…das war beeindruckend! Wir haben alle wirklich nicht den geringsten Grund zum Jammern.


Endlich am Hotel Norling bekamen wir sogar mal ein Doppelbett! Yeah! Und aßen die leckersten Bratkartoffeln überhaupt, probierten einen Apfel-Kartoffel-Salat und wärmten uns mit der üblichen Kanne Ingwer-Zitronen-Honig-Tee. Angi saß auch mit bei uns und gab uns ein Stück eines indischen, ayurvedischen schwarzen Steins in den Tee. Sie trinke das jeden Tag, das gebe Energie. Aber Gott, war das eklig! Es schmeckte nach alter Socke und als ich Erics Gesicht sah, brach ich in Lachtränen aus. Die konnte ich auch nur schwer stoppen, als Angi (Angélica), gebürtig aus Barcelona, wohnhaft in New York, bald in Mumbai, erzählte, weshalb sie diesen Trek ausgewählt hat - als ersten ihres Lebens und der ist nicht ohne!

Sie hatte - ohne Mist jetzt - Tarot-Karten in ihrem Hotelzimmer in Kathmandu gelegt und die haben ihr quasi den Weg gewiesen. Denn der Mount Manaslu (und der ganze Trek) wären wohl astronomisch stark, der Mond was weiß ich. Irgendeine wichtige Rolle spielte hier noch der Mond und sie würde hier sehr viel Energie mitnehmen - und wir natürlich auch. Uns fielen bald die Augen aus dem Kopf. Zugegeben sind Eric und ich beide nicht besonders spirituelle Wesen und das war echt kaum zu glauben. Noch krasser wurde es als sie ins erzählte sie hätte Asthma aber kein Spray dabei. Wir sind hier jetzt auf 3.500 Höhenmeter! Ab hier wird schon längst die Sauerstoffverfügbarkeit beim Atmen knapp und sie wollte durchziehen. Ach du Heimatland. Sie war eine Wucht und nannte mich Powerfrau. Ich sag’s euch…man lernt so spannende Leute kennen…


Jedenfalls sinken die Temperaturen hier abends deutlich! Nachts hatten wir Minusgrade und das spürte man in diesen Betongemäuern. Wir zogen mehrere Schichten an, machten uns so schnell bettfertig wie möglich und kuschelten uns wie Sardinen unter den drei Decken aneinander. Es war echt kalt! Aber die Decken spendeten alsbald genug Wärme :)

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2 Comments


ankewolfundco
ankewolfundco
May 20, 2023

Da halte ich beim Lesen glatt die Luft an und leide bei jedem Meter


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einjahrblau
May 20, 2023
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Ja…so hat es sich bisschen angefühlt 🙈

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