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einjahrblau

Tag 305: Sonnenaufgangstrekking & Reisterrassen

Wir hatten schon alles bereitgelegt und waren deshalb flink wie der Wind. Der Rucksack musste nur noch geschultert werden und dann tapsten wir müde die Gasse nach vorn. Es dauerte nicht lange und schon holte uns ein Mini Van ab. Ein älteres französisches Paar saß schon drin, zwei Kanadierinnen, drei nervig laute Irinnen und ein holländisches Paar holten wir noch ab. Alle dösten während der knapp einstündigen Fahrt zu dieser frühen Stunde vor sich hin, dann kamen wir am überfüllten Parkplatz an. Na hier war ja was los! Es war wesentlich kühler, als Eric gedacht hatte. Wir trugen dicke Pullis und Schals, aber kurze Hosen…zu spät…wir bekamen einen heißen Tee und einen winzigen dünnen Pancake. So was überhaupt als Essen zu bezeichnen, ist schon lächerlich. Dann bekamen wir alle eine Taschenlampe, aber ich hatte Glück und bekam die einzige Stirnlampe. Eric nutzte seine eigene, deren Batterie alsbald leer war :D

Wir standen herum und warteten. Der Fahrer legte sich ins Auto und es kamen ein Junge und ein Mädchen und stellten sich als unsere Guides vor. Wir bekamen einen kurzen Gruppennamen; sollten wir uns verlieren, mussten wir nur darauf hören, dass er uns ruft. Dann trotteten wir im Dunkeln hoch. Ziel war es den Sonnenaufgang auf dem Mount Batur beizuwohnen mit Blick auf den Batur See zu unseren Füßen und den Mount Arung dahinter, der z.Z. gesperrt war.

Vor gut sechs Jahren hatte ich mich schon einmal in einem Sonnenaufgangstrekking auf den Mount Merapi probiert und fand diese Erfahrung schrecklich :D

Nun war die Chance eine bessere Erinnerung zu sammeln. Wir sahen allerdings gleich, dass hier großer Andrang herrschte. Kamen wir am Anfang alle zügig voran, wurde der Pfad bald schmaler, sodass wir nur noch hintereinander laufen konnten und es keine Chance gab andere Gruppen zu überholen. Eine Lichterschlange von all den Taschenlampen zog sich den ganzen Berg hinauf, sowohl vor uns als auch hinter uns. Wir bezweifeln, dass es alle Gruppen rechtzeitig nach oben geschafft haben. Wie beim Stau, auch da bevorzugt man ja wenigsten stop & go, aber hier gab es manchmal kein go. Warum? Tja, z.B. war da eine Frau, die in Flip Flops durch Geröll im Dunkeln lief und samt Guide und Ehemann wieder umkehren und an allen vorbei musste. Dann gab es unseren Franzosen, der so rutschige Schuhsohlen hatte, dass er ständig wegrutschte und Steine lostrat. Es war richtig nervig. Und selten dämlich. Denn zwischendurch standen wir mehrmals auf der Stelle. Es war ein eigentlich angenehmer Weg, nicht zu steil, nur ein, zwei kleinere herausfordernde Stellen, wenn man es nicht gewöhnt war. Aber anscheinend waren hier sehr viele nichts gewöhnt. Wir erfuhren, dass ca. 400-500 Leute pro Tag hier raufstiefelten und man überlegte auch diesen Berg zu sperren. Au ja bitte! Oder, das war im Nachhinein betrachtet eigentlich das fairste System gewesen, auszulosen, wie beim Angel´s Landing Hike im Zyon Canyon, USA. Was manche hier zusammen stolperten und vor der Kamera rumposierten, ging in unseren Augen gar nicht. Oben belästigten dann die surrenden Drohnen die Ruhe. Zwischendurch hörte man von weiter unten die Rufe: „Go, go, go!!! It`s sunrise time!“ Denn verständlicherweise wollten alle rechtzeitig oben sein. Wir schafften es und hatten sogar noch Zeit unsere Frühstücksbox zu leeren. Bekommen hatten wir ein süßes Tost, eine Banana und ein Ei. Warum das allerdings bei allen in Styropor-Behältern, die sie nicht zurückhaben wollten, verpackt war, erschloss sich uns nicht. So viel Müll jeden Tag! Super sinnlos.

Der Anblick der aufgehenden Sonne in dieser zauberhaften Landschaft entlohnte dann absolut! Es sah richtig schön aus. Beschreiben können es die folgenden Bilder samt Selfie-Versuchen am besten.

Wir standen da eine Weile und genossen das Spektakel, dann ging es noch ein Stückchen rauf, wir blickten in einen grünen Krater und liefen einen anderen Weg bergab. Auch da schlitterten einige im Staub, was das Zeug hielt. So mancher Hintern wurde dreckig, eine knickte um und musste mit einem der hiesigen Crossmotorräder nach unten gebracht werden. Es wurde nun wärmer und wir tauten auf. Der Weg zog sich und zog sich, dann warteten wir bis der Fahrer erwachte und bekamen ein Stück Schoki vom Schlitter-Franzosen.


Während der Rückfahrt schauten wir der vorbeisausenden Landschaft zu. Wir waren uns beide sicher, dass wir diese Massentourismus-Veranstaltung nicht noch einmal buchen würden und hofften sehr, dass es auf Java ruhiger werden würde. Dort sollen es nur weniger als die Hälfte der Touristen sein. Richtig schlimm wurde es als wir (und alle anderen Gruppen nacheinander ebenfalls) zur Kaffeeplantage gefahren wurden. Wir waren alle hundemüde und keiner wollte hierhin, aber sie hielten einfach an und dann konnten wir Kaffee und Tee kosten und das natürlich hochpreisig im Anschluss erwerben.

Ich verweigerte dieses Spektakel und wartete auf einer Bank; aus anderen Gruppen saßen hier auch schon welche. Fast alle - wie ich - aus den selben Gründen. Viele hatten diese Tour schon privat gemacht (so auch ich damals mit meiner Schwester), denn wir konnten ja nicht ahnen, dass zu einem Sonnenaufgangstrekking auch eine Kaffeetour gehörte. Und wir alle hatten die armen Tiere in den engen Käfigen gesehen, aus denen der noch teurere Luwak-Kaffee hergestellt wird. Man sammelt hierfür ihre Kacke ein - ohne Witz. Es muss Leute geben, die den sehr teuren Kaffee trinken, der aus den Kackemurmeln von in Käfig gesperrten Schleichkatzen trinken, weil diese vorher Kaffeekirschen gegessen haben (mussten).

Eric mochte zumindest den Mangostin-Tee und ich gab ihm Recht, all die Pflanzen wie Vanille oder Bananenstauden in dem großen Garten erklärt zu bekommen, hatte schon was. Aber er kam auch recht bald zurück.


Wir gingen erstmal duschen, bekamen dann einen leckeren grünen Palmenblatt-Pancake mit Obst und legten uns dann nochmal ins Bett. Wir waren ko und wollten am Nachmittag mit neuer Energie nochmal losziehen.

Frisch erwacht überlegten wir dann hin und her. Beim letzten Mal hatten meine Schwester und ich den Affenwald, den berühmten Monkey Forest in Ubud, besucht. Aber jetzt, fast sechs Jahre später ist man ja schlauer und Insta-Opfer sind aktiver. Deshalb entschieden wir uns gegen einen Besuch, auch, weil viele Online-Bewertungen unsere Befürchtungen bestätigten. Die Tiere werden angefüttert und von den Mitarbeitern angelockt, sie sind gestresst und den ganzen Tag dem zunehmenden Selfie-Wahnsinn ausgesetzt. Da immer mehr Wald neuen noch größeren Resorts weichen muss, wird andernorts der Lebensraum knapp. Das wollten wir nicht unterstützen. Wir liehen uns in unserer Gasse zwei preiswerte Scooter. Aber erstmal musste der Meister, wie wir immer scherzten, gerufen werden, dann dauerte das Ausfüllen nochmal seine Zeit. Wir brauchten auch eine Weile bis wir in den verstopften Straßen an der Tankstelle ankamen; zwischendurch verloren Eric und ich uns und er schickte mir seinen Google Maps Standort. Die Tankstelle war teuer oder wir wurden abgezockt. Aber irgendwann hatten wir es aus der Stadt geschafft und konnten nun das Fahren genießen. Umso weiter wir ins Umland fuhren, umso weniger Touristen sahen wir, umso mehr Blicke zogen unsere hellen Beine auf sich :) Es wurde authentischer und ich musste einem Blogeintrag eines anderen Reise-Paares zustimmen. Auch sie waren einfach mit dem Roller ins Umland gefahren und fühlten sich erst dann auf dem „richtigen“ Bali angekommen. Wir fuhren vorbei an strahlend grünen Reisfeldern, die von im Sonnenlicht leuchtenden Palmblättern umgeben waren und als der Hunger den Magen knurren ließ, gab ich Eric an einer Reihe Streetfood-Stände das Zeichen anzuhalten. Er sträubte sich zunächst hier zu essen, aber da hier sehr viele Einheimische einkauften, musste es gut sein. Wir probierten lauter kleine frittierte Sachen und hatten das Gefühl, dass die Besitzer sich sehr darüber freuten. Mal war Gemüse drin, mal Tofu, mal Banane.

Wir nahmen fünf verschiedene, nur die scharfen ließen wir weg. Satt und noch kauend gingen wir zu unseren Scootern zurück und wurden von einem älteren Mann fröhlich ausgefragt, wo wir herkommen, wo wir hinwollten und er bot an uns zu verschiedenen Orten zu bringen. Die Indonesier sind freundlich und vielleicht wollte er auch ein kleines Trinkgeld, aber wir hatten ein Ziel im Kopf und wollten dieses auch verfolgen. Es war schwer sich loszueisen, aber ich gab Eric zu verstehen, dass wir weitermussten. Die Zeit schritt rasch voran und wir waren schon viel später dran, als geplant.


Weiter zogen wir an Feldern vorbei, durchfuhren kleine Dörfer, in der sich der Alltag fernab des Touristentrubels in Ubud & Co. abspielte: Leute schwatzten, bestellten ihre Felder, gingen einkaufen, saßen rauchend vor ihren Läden. Hunde hechelten im Schatten, Kinder fuhren mit alten Rädern oder ließen ihre Drachen im Wind wehen. Überall wimmelte es von Scootern. Auch kleine Tempel sahen wir an gefühlt jeder Ecke und heute traf definitiv die Weisheit zu: Der Weg ist das Ziel, da wir es einfach schön fanden hier lang zu cruisen und alle Eindrücke in uns aufzusaugen. Als es kühler wurde, hielten wir an um die Jacken anzuziehen und leider kamen wir genau an den Jatiluwih Reisterrassen an, als die Sonne halb hinter den Wolken verschwand und die Wolkendecke die Bergkulisse im Hintergrund verdeckte. Mist. Wäre es überall etwas weniger gemütlich langsam vorangegangen, hätten wir etwas mehr Glück gehabt, aber auch so war es beeindruckend. Die Reisterrassen sind die größten auf Bali und dennoch, auf Grund der Lage, nicht so überlaufen wie viele andere. Sie sind ein UNESCO Welterbe und es gab Wanderwege von 45min bis zu 4h, wobei wir auf Grund der Tageszeit den kürzesten wählen mussten. Eintritt zahlte man an ca. 2,50€ an einem Häuschen an der Straße.


Viele der Felder waren vor wenigen Tagen bereits geerntet worden und weniger grün als vielmehr gelblich. Aber das ganze Gebiet in seiner Größe zu sehen, war trotzdem ein wahnsinniger Anblick. Wir kauften neue Mangostin und probierten auch die „snake Skin“ Frucht (Salakpalme auf deutsch). Dann sahen wir zwei Männer, die goldfarbene Reisbündel aufluden und fragten mal nach. Oft wurde der Reis per Hand mit einer Sense geerntet, hier schon öfter mit elektrischen, dann zu Bündeln gebunden und zuhauf sechs Monate getrocknet. Meist unter Planen, damit der Regen sie nicht durchnässte. Danach holte man die hier weißen, braunen, schwarzen oder sogar roten Reiskörner heraus. Wie das geschah, konnten sie leider nicht erklären. Da fehlten leider die Vokabeln.

Wir bedankten uns dennoch und liefen weiter um kurz darauf wieder stehen zu bleiben. Denn ich wies Eric erst auf eins, dann noch zwei weitere Katzenbaby hin und er musste sie erstmal ausgiebig kuscheln. Irgendwann musste ich ihn leider loseisen und wir streiften durch die Reisterrassen. An einem Stand kauften wir Reiscracker, die wir vorher probieren durften - sowohl süße als auch salzige (unser Favorit) und liefen dann die Runde zu Ende. Wir waren nun so spät dran, dass wir die leicht verdunkelten Visiere hochklappen mussten, denn wir fuhren nach kurzer Zeit schon in der Dunkelheit durch die Dörfer und hätten sonst die Schlaglöcher übersehen. Auffällig viele hatten weiße Tücher um die Stirn gebunden und schwarz weiß karierte Tücher als Rock an. An einigen Tempeln sammelten sie sich und an einem hielten wir an, stellten uns verstohlen in den Schatten und sahen bzw. hörten dabei zu wie die Männer singend meditierten/ beteten. Ob das einmalig heute war oder öfter wussten wir nicht. Aber spannend zu sehen. Die Kultur ist eben eine ganz andere. Aber der Hunger und die Dunkelheit trieben uns weiter, einmal verlor ich Eric aus den Augen und mein Nervenkostüm geriet ins Wanken. Gott sei Dank hatten wir doch beide ein Sim-Karte gekauft und da mein Orientierungssinn unterirdisch war, kam er zurück und holte mich aufgelöstes Bündel wieder ab. Wir waren schon fast da, aber es sah eben alles so anders aus als gestern am Tag. Erleichtert kamen wir im Restaurant Balinese Homecooking an.


Eric hatte es gestern entdeckt und es war die absolut richtige Wahl! Wir wurden durch einen Garten geführt und saßen an einem großen Holztisch, plauderten mit einem britischen Pärchen und der Chef des familiengeführten Restaurants höchstselbst setzte sich zum Plaudern über Gott und die Welt zu uns. Schon wieder schäkerte Eric mit einem Babykätzchen herum, was sich am Ende von meinem gegrillten Fisch ein paar Happen mopste. Eric hatte eine balinesische Platte, Nasi Campur Bali und als krönenden Abschluss teilten wir uns noch frittierte Bananen mit Eis. Herrlich! Dann ging es zurück und der Roller-Vermieter kam uns schon entgegen, wir bedankten uns und huschten in unser Zimmer.



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