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einjahrblau

Tag 308: Mount Bromo - Touristenfalle?

Wieder einmal recht früh, heute 2:45 Uhr, klingelte der Wecker. Das Bett war so bequem und weich, dass uns das Aufstehen nicht leicht viel. Wir hatten zwar schon alles gepackt, aber wir würden zum Frühstück hierher zurückkehren und konnten noch alles im Zimmer lassen. Wir hatten einen neuen Fahrer, denn heute fuhren wir in einem Toyata Jeep herum. Warum wir nicht den Berg auf der Straße hochliefen? Wir wussten es leider auch nicht. Denn bald sahen wir, dass es vor diesen immer gleichen Jeeps hier nur so wimmelte; bis zu vier Gäste hatten hinten drin Platz. Der Staub der Straßen zogen durch die Fensterritzen und wir alle hielten uns einen Schal vor Nase und Mund. Die Fahrt dauerte nur deshalb länger, weil alle drängelten und es schlicht und ergreifend viel zu viele waren. Dann liefen wir ein Stück, vorbei an zahlreichen kleinen Hütten, die Mützen, Magnete, Tee, Mais & Co. verkauften, dann brauchten wir kurz die Taschenlampen, kletterten auf einen breiten, staubigen Vorsprung vor einer Aussichtsplattform und Billy gab das Zeichen zum Hinsetzen.


Wir waren verwirrt. Wir sind gefühlt nicht länger als 10min gelaufen. Der Sonnenaufgang fand erst in anderthalb (!) Stunden statt, in 90min! Aber nein. Es war sein voller Ernst. Wir saßen nun hier in der nächtlichen Eiseskälte. Wir hatten zwar Pullover, Windjacke, Mütze und Schal. Aber von einer Decke oder Wollsocken konnten wir nur träumen. Wir waren über diese fahrlässige Wortkargheit echt sauer. Wir bibberten aneinander und warteten. Und warteten. Wenn man friert, will die Zeit nicht vergehen, irgendwann zitterten wir und ich nieste was das Zeug hielt. Die Nase lief und sehnsüchtig warteten wir auf die ersten leuchtenden Strahlen am Horizont. Das konnte echt nicht deren Ernst sein. Kommunikation ist alles - ja, ich wiederhole mich. Um uns herum füllte es sich. Den meisten erging es ähnlich. Einem französischen Paar hatte der Guide gar gesagt eine Shorts sei ausreichend. Und diese junge Dame hatte Pech, denn ihr Freund wollte sie nicht kuschelnd wärmen.

Wir konnten es kaum glauben, als es endlich losging und ich überließ Eric die Fotos. Meine eisigen Hände mussten in der Tasche bleiben. Eric war munter genug gewesen seine dünnen Handschuhe einzupacken. Vor uns sahen wir den dampfenden Mount Bromo und daneben ein Vulkan, der wirklich wie gemalt aussah. So stellte man sich einen Vulkankegel vor. Der Ausblick war hübsch und die Vulkanlandschaft natürlich besonders.

Aber dafür so lange frieren? Na wir wussten ja nicht…ich mahnte dann zum Aufbruch und wir tranken alle einen heißen Tee um die glühenden Kohlen sitzend, bevor wir unseren Jeep suchen gingen. Überall, es zog sich die ganze Straße hinab, lagen weiße, mit irritierend fröhlich roten Punkten versehene Plastikbecher, aus denen meist die Fahrer ihren Tee oder Kaffee getrunken hatten. Die fuhren hier jeden Morgen rauf! Und konnten sich nicht mal eine Kanne oder einen eigenen Becher mitnehmen? Es war zum Kotzen. Entschuldigt, aber das mit anzusehen, traf uns hart und ich finde dafür keine besseren Worte. Wir sahen auch, wie sie rauchend einfach ihren Müll nach hinten in den Busch warfen. Klar, da lag er gut. Unsere mörderischen Blicke nahmen sie gar nicht wahr. Auch hier gehen viele nur zwei Jahre, wenn überhaupt, zur Schule…es ist eben leider zu teuer.


Es ging ewig nicht voran, wir hockten grübelnd im Jeep. Manche Motoren qualmten sehr stark. Gehupt wurde sowieso. Motorräder, die ebenfalls ihre Taxi-Dienste anpriesen, kurvten halsbrecherisch zwischen den Jeeps herum, von denen unser Pilot sich gern einen kaufen möchte. Für seine zukünftige eigene Bio-Farm. Ergibt Sinn. Jedenfalls ging es irgendwann weiter und als wir den Asphalt verließen, fuhren wir über (Vulkan?) Sand auf einen großen Parkplatz um die wohl 245 Stufen zum Mount Bromo hinaufzulaufen.

Erstmal mussten wir uns aber durch den Sand kämpfen, den Kopf gesenkt, den Schal vor dem Mond. Die Sonne wärmte nun mit voller Kraft die ausgekühlten Körper. Hier konnte man zusätzlich einen Fahrer bezahlen, der einen mehrere Runden auf dem Crossmotorrad durch den Sand fuhr. Schlimmer und entsetzlich waren allerdings die über 100 Pferde, mit denen sich dicke, faule Touris bis zur Treppe bringen ließen. Es war unglaublich. Dämlich. Einige weiße Schimmel hatten pink-oder regenbogenfarbene Mähnen - da wirkt das Insta-Foto noch bescheuerter. Voller Freude beobachteten wir, wie das pink-gefärbte arme Geschöpf eine Frau fast vom Rücken warf, weil es sich immer wieder gegen die ungewollte Last aufbäumte. Ja! Weiter so!

Die meisten der Pferde hatten von dem herumwirbelnden Sand ganz rote Augen, einige offene Wunden. Es war Abscheulichkeit in seiner reinsten Form. Auf der Treppe kamen dann auch einige kaum voran. Und so genossen wir den Anblick des Vulkankraters auch kaum noch. Hier findet übrigens einmal im Jahr, erst letzte Woche, eine Art Opferfest, die Kasada-Zeremonie statt. Dabei versammeln sich

gläubige Hinudus und werfen Gemüse, Geld, lebende Ziegen, Hühner & Co. in den aktiven Vulkankrater. Arme Indonesier riskieren währenddessen ihr Leben und stehen im Kraterschlund um mit Köchern die hereingeworfenen Opfergaben zu fangen. Dann können sie diese behalten. Sie zahlen aber einen hohen Preis, sollten sie wegrutschen. Das erklärte aber nicht etwa unser Guide sondern das wussten wir aus der Sendung Galileo Big Pictures :D Auch online findet ihr Artikel und Videos.


Die Strapazen hatten sich kaum gelohnt. Es war eine typische Tourismus-Falle, bei aller Besonderheit der Natur. Der Ijen Krater hatte uns viel besser gefallen und beeindruckt. Alle vier - wir waren uns mal einig - hätten den Mount Bromo nicht hinzugebucht, hätten wir es vorher gewusst. Allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Die beiden hatten nicht einmal nachgeschaut und nicht gewusst, dass die beiden Orte weit auseinander lagen und fanden die Fahrt anstrengend. Eric und ich fühlten uns schlecht, richtig schlecht, Teil dieses Affentheaters zu sein. Das Gute? Wir können euch davon berichten, aufklären, warnen, sensibilisieren und es gehört ja auch dazu, herauszufinden, was man (am Reisen) nicht mag. Billys Wunsch ein neues Foto zu machen, wollten wir alle nicht abschlagen (auch wenn wir es nie zu Gesicht bekämen), aber begeistert schauten wir alle nicht. Als er dann noch eins auf dem Jeep machen wollte - oh ja, die Poser kannten um uns herum keine Hemmungen - baten wir jedoch darum bitte sofort zum Frühstück gebracht zu werden. Dort gab es dann Melone und Reis oder Nudeln. Eher Mittag, aber was soll’s. Eric fühlte sich allerdings seit dem Sonnenaufgang nicht gut und glühte jetzt. Er aß nur ein wenig Wassermelone. Als wir alle im Auto saßen und losfahren wollten, wurde ihm schlecht. Ich schickte ihn nochmal an die frische Luft und zack, erbrach er sich über die Mauer. Ach du liebe Zeit. Es beutelte ihn richtig und eins muss man dem Herrn Piloten lassen: er zog sofort los um eine Cola zu kaufen. Wir warteten ein wenig und als Eric meinte, jetzt sei es besser, fuhren wir los. Ohoh. War das eine Art Bali-Belly? Der arme glühte wie ein Feuerball und kuschelte sich in seine Jacke, ich gab ihm mein Reisekissen. Da sie, wie sie sagten, nichts in den Nacken bekommen wollten, durften wir die ganze Fahrt (gute 5,5h) vorn auf der Bank mit wesentlich mehr Beinfreiheit sitzen. Auch wenns der Dame nicht gefiel. Yeah! Alles schlechte hat sein gutes. Eric kauften wir bei der Toilettenpause Kaugummis und gleich noch neues Desinfektionsmittel dazu. Wir schliefen, schauten aus dem Fenster und hörten Musik. Wir freuten uns auf die Unterkunft, die ich gestern erst gebucht hatte.

Die beiden, die allein über 300€/ Nacht in einem Resort ausgegeben hatten, waren doch wirklich knauserig beim Trinkgeld. Wir hatten dem Jeep-Fahrer ein kleines gegeben und sie wollten sich reinteilen. Wir dachten ja gar nicht daran! Dann schauten sie wie viel wir dem Fahrer, Billy und später Komang, dem tollen Fahrer auf Bali gaben und taten es uns gleich. Sie fragten, ob wir etwa immer Trinkgeld geben. Ich hoffe echt die fallen mal tief…Natürlich können wir nicht alle retten. Und Billy war sicher nicht zum Guide geboren, aber er humpelte und ich erklärte den beiden Schmalzlöckchen, dass er vielleicht irgendwann ohne Job dastehe und doch eine liebe Seele sei. Es ist kein Vermögen, was wir ihm gaben, sondern ein Dank und Zeichen von Anerkennung…Alle vier hatten sich gefreut. Das zählte doch. Und als wir endlich an der Fähre ankamen, setzten wir uns ganz weit weg von den zwei. Jetzt mussten wir uns wirklich nicht mehr bemühen. Wieder schien es als hätte die Fähre nur auf uns gewartete…wer weiß. Die Sonne ging hinter de Bergen unter und ich sah aus dem Augenwinkel wie uns die Frau links von mir versuchte mit auf ihr Selfie zu kriegen. Sie schickte das Foto gerade eifrig im WhatsApp umher, samt hinterlegter Musik und ich erklärte ihr, dass wir nicht fotografiert oder gar gefilmt werden wollen. Sie tat als verstehe sie nicht, also filmte ich sie. Das verstand sie sehr gut. Und auch rechts von uns hatte eine Dame mehrfach versucht uns "unauffällig" mit ins Bild zu kriegen und ich war genervt. Vehement drehten wir die Köpfe weg und dann kam ihr Mann und bat um ein Foto. Na also! Das war doch gleich viel höflicher. Begeistert waren wir nicht, wollten aber die neu entdeckten Manieren würdigen. Auch das Foto landete im WhatsApp & Co., keine Ahnung, was sie dann dazu erzählten. Ich gab mir auch keine Mühe nett zu gucken, mich zu strecken oder die Haare zu richten…ihr hättet mal die links von uns sehen soll. Wie neidisch sie nun war, dass wir mit der anderen ein Foto machten. Oh man...vor sechs Jahren hatte man mich an den Tempeln (wir hatten die beeindruckenden Anlagen Borobudur und Prambanan in Yogyakarta besucht) und in den Straßen auch mehrmals berührt, weil ich so blass bin und mir Kinder auf den Schoß gesetzt, Babys gegeben und um Fotos gebeten. Mal mit meinen, mal mit ihren Handys. Aber sie hatten immer gefragt. Ich bin blauäugig und groß, das ist eben lustig&spannend und Eric sogar noch blond. Meine Schwester wurde damals verschont, da sie kleiner, viel gebräunter und braunäugig ist. Aber so heimlich um uns herumzufuchteln ging gar nicht. Ihr werdet erkennen, welche die älteren Fotos sind :D

Dann empfing uns Komang in Gilimenuk. Er hatte einen Narren an Eric gefressen und rief nur nach ihm. Aber Madame setzte sich ganz schnell auf den Beifahrersitz :D Unsere Dame und Herr von und zu hatten echt gedacht wir würden mit zwei Autos abgeholt werden, weil sie in eine andere Richtung mussten und mir hatten sie ja nicht glauben wollen. Nun wurden zuerst wir 45min in den Norden gefahren und sie hatten noch 3-4h Fahrt in den Süden vor sich. Hach, das Leben ist schön. Komang gab uns seine Karte falls wir nochmal einen Fahrer brauchen sollten. Wir mochten ihn. Wir kamen zwar im Dunkeln an, aber er hatte uns diesen Ort Permuteran hier im Nordwesten empfohlen, weil er ruhig, wenig touristisch und gut zum Tauchen sei. Als wir unser Homestay suchten und eine Gasse reinfuhren, spöttelte Pilot Hochnäsig wir werden also im Ghetto wohnen. Dann staunte er, dass wir für 13€/ Nacht einen klimatisierten Bungalow inkl.Frühstück und Pool mit Garten hatten. Ich hatte extra mehrmals den Preis erwähnt und erwiderte dann beim Aussteigen: Ja, das gebe es für 13€ im Ghetto. Ich war so sauer. Zumal...wir alle wussten ja nicht wie unser Fahrer wohnte. So beleidigend. Warum reiste dieser Lackaffe überhaupt in ferne Länder? Wo schon eine Gasse für ihn ein Ghetto ist…

Wir wurden freundlich empfangen, bekamen unseren Schlüssel, schnell alles gezeigt und mussten noch nicht zahlen oder irgendwas. Wir waren begeistert! Wir hatten ein Außenbad und konnten unterm Sternenhimmel duschen. Danach fielen wir in ein riesiges mit Moskitonetzen umhangenes Bett. Herrlich! Außerdem hatten wir draußen auf unserer Holzbank die türkisfarbenen Kissen. Die Nachbarn orangefarbene ;)


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