Um früh das super gute Wifi (für euch) nochmal nutzen zu können, trank ich auf der Terrasse einen Saft und Eric einen Cappuccino und wir lauschten der morgendlichen Vögelwelt sowie ab und zu einem platschenden Hippo. Wir zahlten, denn gestern hatte der Empfang fürs Lesegerät gestreikt und Namibia-Dollar hatten wir nun nicht auch noch dabei. Dann fuhren wir knapp vor dem Mittag in der Tagessonne weiter. Wir rollten wieder an Dörfern vorbei, ließen Kühe passieren, winkten, hoben die Hand zum Gruß. Und staunten ehrfürchtig was für Strecken die Menschen hier zu Fuß zurücklegten oder die wenigen glücklichen, die eins hatten, mit dem Fahrrad. Mehr Fahrräder braucht das Land, dachten wir uns. Wenn wir das mal mit Asien vergleichen, wo wirklich jeder Meter auf dem Roller zurückgelegt wird…verrückt.
Wir wollten tanken, aber das Kartenlesegerät ging auch hier nicht. Kein Problem, wir hatten genug für die gefühlt in 200km entfernte nächste Tankstelle. Dort gingen wir dann auch einkaufen und empfanden die neu gebaute, fast leer stehende Mall sehr deplatziert. Wir zweifelten stark an, dass solche Protzbauten, mit wohlbemerkt zwei Sportwetthallen ausgestattet, für die auf einem Plakat beworbene glorreiche Zukunft sorgten. Das einzige, was wir sahen, waren unzählige leere Plastikflaschen und -Tüten rund ums Gelände, die anklagend in der Sonne glänzten. Denn, wer kennt es nicht? Das fröhliche Kaffeebecher-Werfen? Die flogen nämlich ganz gern mal aus den vorbeifahrenden Trucks und Autos. Bei jedem Supermarkt musste man auch den Kassenzettel den immer anwesenden Türstehern zur Kontrolle geben - wir meistens jedoch nicht.
Von hier aus fuhren wir zu einem versteckt gelegenen Camp (die meisten sind uns vom Campingplatzbesitzer im Chobe Nationalpark empfohlen wurden). Wie immer führte nur eine huckelige Sandpiste bis zur Rezeption. Auf dem Weg dahin liefen uns ganze Kinderscharen hinterher, aber sie winkten nicht, sondern hielten die Hände fordernd auf und schrieen uns etwas zu, was wir zwar nicht verstanden, aber nicht unbedingt nach Liebkosungen klang. Wir hatten keine hiesige Währung und auch kaum etwas eingekauft, weil wir morgen wieder über die Grenze nach Botswana einreisen werden und ihr erinnert euch ja sicher noch an unsere letzte Begegnung mit Mama Afrika…wir fühlten uns unbehaglich, wie eigentlich schon die meiste Zeit in Afrika in unserem 4x4 Pick Up, mit leuchtend weißer Haut…
Aber der Campingplatz war richtig niedlich mit lauter selbst gemalten Schildern, die von Humor zeugten, Mosaikbildern auf den Wegsteinen und verschiedenen kleinen Rückzugmöglichkeiten. Wir vermuteten, dass dieser Platz Glanzzeiten hinter sich hat. Um auch heute ein Highlight zu haben, fragte ich schnell nach, ob vielleicht noch eine Bootsfahrt zum Sonnenuntergang möglich sei? Ja, der Bootsfahrer sei da, warte auf Gäste, vor 10min hätte es losgehen können, aber wir können gern noch jetzt losfahren. Schnell zogen wir uns eine Jacke und feste Schuhe über, ließen das Auto an der Rezeption stehen und gingen zum Boot. Wir waren tatsächlich die einzigen und es war trotzdem preiswerter (27€ für beide) als auf dem gestrigen Platz. Unser Robert, dessen afrikanischen Namen ich mir leider nicht merken konnte, hatte sehr gute Augen und wies uns nicht nur auf immer zahlreichere Hippos hin, sondern auch auf Krokodile und den seltenen Chobe Buschbock. Eric entdeckte eine schwarze (männliche) Rappenantilope, denn der Chobe Fluss fließt hier am Bwabwata-Nationalpark entlang. Die Insel, an der wir entlang fuhren, war mal eine Militärstation für die südafrikanische Armee gewesen, wir sahen noch Reste von Bunkern und Anlagen. Aber die abendlich trinkenden Elefanten und Büffel begeisterten uns dann noch mehr, weil wir sie heute von der Wasserseite aus sahen. Auch die Nilpferde, vor denen wir öfter mal mit aufheulendem Bootsmotor flohen, waren herrlich anzusehen wie sie vorm Sonnenuntergang ihre Mäuler aufrissen. Ein Männchen beschützte immer seine Damen- und Kinderschar. Eine herrliche Bootsfahrt, sie hatte sich gelohnt und wir wurden von anderen Reisegruppen, die sich auf einem Boot zusammendrängten, fotografiert, wie wir da nur zu zweit saßen und königlich genossen :D
Nach der fast anderthalbstündigen Fahrt legten wir im letzten Abendlicht an, nur wenige Meter neben uns meckerte ein Nilpferd lautstark vor sich hin. Wir kochten, schauten Serie und lauschten unter unserem Baum den Nilpferden. Für ein Lagerfeuer war es uns so nahe schutzlos an Krokodilen und Nilpferden irgendwie zu unangenehm. Die Toiletten und Duschen waren hinter Bastmatten unter offenem Himmel gebaut, eine urige Erfahrung, wie sie hier die Bäder gestaltet hatten :D
Der Morgen lief wie immer ab und dann setzten wir uns noch in die Sitzsäcke und Hängematte um ein paar Blicke über den Fluss streifen zu lassen, aber jetzt am Vormittag war es still und wir bekamen keine Hippos zu Gesicht oder Ohren. Da wir hier mit Karte zahlen konnten, kauften wir gleich noch ein Bündel Feuerholz (1€), denn an den Ständen am Straßenrand brauchte man immer Kleingeld. Dann rollten wir los. Wieder standen die Kinder, die wir schon auf der Hinfahrt gesehen hatten, quasi mit aufgehaltenen Händen Spalier. Einige taten, während wir vorbeifuhren, auch so als schössen sie mit ihrem Pfeil & Bogen oder Steinschleudern auf uns. Wie nett ;) Es gab auch geschnitzte Boote zu kaufen, aber die waren viel zu groß für unser Gepäck.
An jedem Campingplatz hingen Spendenaufrufe für Kindergärten, Buntstifte und was weiß ich noch. Aber wie viel soll man denn spenden? Wo fängt man hier an und wo hört man auf? Ganz ehrlich…ab und an sah man mal eine Plakette oder ein Schild, das auf die deutsch-afrikanische Zusammenarbeit hinwies (höre ich auch zum ersten Mal) und dass dies oder jenes mit Fördergeldern errichtet wurde. Aber wenn wir uns hier so umsahen, fragten wir uns schon: wo gingen all die Gelder der letzten Jahrzehnte hin? In korrupte Hosentaschen? Vielleicht waren es auch die nicht offensichtlichen Dinge wie gespendete Tiere, ein gebohrter Brunnen, aber so richtig gelöst werden hier die Probleme scheinbar nie.
Die Landschaft sauste eintönig an uns vorbei. Stundenlang. Wie auch in den vergangenen Tagen sahen wir ab und an in den „Dörfern“ bunte Zeltstädte und fragten uns: war das ein temporärer Zustand, weil vielleicht Verwandte zu einem Fest gekommen waren?
Als Zwischenziel hatten wir die Tsodilo Berge eingegeben. Eine sandige Schotterpiste führte uns fast eine Stunde lang dahin. Dort mussten wir allerdings feststellen, dass sowohl der Campingplatz als auch Eintritt und Guide (ohne war verboten) nur bar bezahlt werden konnten und so viel Bargeld hatten wir nicht mehr - hatte man uns doch versichert nahezu alles mit Kreditkarte zahlen zu können um dann doch an den Grenzen & Co. ständig mit defekten oder gar nicht erst vorhandenen Geräten konfrontiert zu werden. Einen ATM hatten wir seit einer Weile nicht gesehen und besonders Eric war enttäuscht, dass wir Botswanas höchsten Berg mit 1.395m nun nur eine Steppvisite abstatten konnten. Die Legende besagte, dass der größte Berg der „Mann“, der zweite die „Frau“ und die kleineren die „Kinder“ seien. Sie gehörten auf Grund ihrer rund 4.500 Höhlenmalereien, von denen 350 zugänglich waren, auch zum UNESCO Weltkulturerbe. Aus vier Wanderwegen ab ca. 2h hätten wir mit Guide wählen können - hätte, wäre, wenn. Es wäre schön gewesen mal wieder zu laufen. Denn Eric hatte Recht: wir fuhren um zu fahren. D.h. wir fuhren stundenlang von einem Ort zum nächsten um dann dort durch die Landschaft, die Nationalparks zu fahren, denn laufen war eigentlich nie möglich geschweige denn erlaubt. Das ist also nicht ganz unser Ding. Aber eben auch eine Erfahrung für zukünftige Reiseplanungen.
Wir drehten wieder um und hatten nun wertvolle Fahrtzeit verloren. Da weit und breit kein ATM in Sichtweite war, klappte es auch nicht morgen hierzubleiben. Wir können nicht alles haben und irgendwie sind wir ja auch selbst schuld, erinnerte ich Eric und mich selbst, wenn wir immer wieder einfach naiv losfuhren.
Die Fahrt barg so einige Hindernisse. In regelmäßigen Abständen liefen Kühe und ihre Kälber, Ziegen, ab und an ein einzelner Hund oder auch Esel gemächlich, ohne jegliche Hast über die Straße. Und hier waren 120km/h erlaubt, sonst käme man ja nie am Ziel an. Dies war aber sicher auch der Grund, weshalb wir auch tote, halb zerfressene Kühe und tote Hunde am Straßenrand liegen sahen.
Wir sahen Frauen im Sonntagsgewand, in weißen Gewändern mit royalblauer Verzierung. Zwei standen in viktorianisch anmutenden Kleidern an der Bushaltestelle. Die Frauen strahlen hier eine unvergleichliche Würde aus, v.a. wenn sie kerzengerade Körbe & Co. auf ihren Köpfen balancieren. Der Zustand der Straße wechselte auch von Zeit zu Zeit. Mal Asphalt mit deutlich sichtbaren Fahrbahnmarkierungen, mal Sandpisten, mal zerfetzter Asphalt mit tiefen und zahlreichen Schlaglöchern…abenteuerlich eben. Wie ich naiver Sturkopf mir ohne groß nachzudenken für die letzten zwei Wochen Weltreise gewünscht hatte.Wir staunten auch über die recht häufigen Eselsritte und Eselskutschen am Straßenrand. Ab und an sah man eine Vor- oder Grundschule in bunten bemalten, kleinen Gebäuden. An einer weiteren Straßenkontrolle, deren Sinn wir einfach nie verstehen werden, hielten wir mal wieder den Atem an. Wir wussten nie was sie wollten. Sie warfen immer sehr aufmerksame Blicke auf unsere Rückbank, fragten wo wir herkämen und wünschten in einem Ton, der anderes besagte, einen angenehmen Aufenthalt. Ja, der wäre ohne diese Schreckenssekunden wesentlich angenehmer :D Wir haben es so gewollt…wir hätten für das Geld auch zwei Wochen All-Inclusive-Resort auf den Malediven mit weltklasse Tauchspots und täglichen Massagen haben können. Aber das können wir ja immer noch irgendwann mal :)
Den Zeltplatz, den wir herausgesucht hatten, schien es nicht zu geben. Zumindest wies kein Schild wie sonst darauf hin und da die Sonne gerade unterging, wollten wir auch nicht einfach ins Blaue in den Busch hineinfahren. Auch in dieser Ecke der Welt hatte Covid seine Spuren hinterlassen. Deshalb drehten wir um und fuhren zu einem zurück, dessen Schild wir vor wenigen Minuten gesehen hatten. Wir befürchteten schon die einzigen zu sein, so weit führte die Sandstraße hinein, doch als wir ankamen, staunten wir nicht schlecht über den riesigen, gut besuchten und bisher preiswertesten Platz (20€). Hier standen zahlreiche große Expeditionsbusse, sogenannte Overland-Fahrzeuge, herum, die sicher tagelang sorgenlos durch die Kalahari-Wüste rollen können. Wir waren jetzt kurz vor Maun; von hier starten viele ihre Touren und nun hörten wir auch deutsche Touristen. Wir selbst senken regelmäßig auf den Campingplätzen den Altersdurchschnitt, meist sind es Gruppen von Graukappen :D Diese Bezeichnung hat mir mal ein Kommilitone beigebracht und es meint liebevoll ergraute, ältere Menschen. Was aber bei den Preisen hier kaum ein Wunder zu sein scheint. Wir fühlten uns bisweilen einsam neben solchen großen, fröhlichen, top ausgestatteten Gruppen - alle in khakifarbenen Hosen wohlbemerkt mit reingesteckten gebügelten Hemden und lächerlichem Tropenhut. Wieso macht man das?
Wir bekamen problemlos einen Platz und da wir gern an jedem Tag ein Highlight genießen möchten, gab ich meinem Koch ;) heute frei und entschied, dass wir im Restaurant unter Lichterketten speisen werden. Im Dunkeln kochen & abwaschen ist eh nicht so geil. Es gab zwar nicht wirklich afrikanische Küche, auf die wir ja mal sehr neugierig wären, sondern die immer gleichen Burger & Pizzen für Touristen. Aber etwas lokales entdeckten wir dann doch und uns lief das Wasser im Mund zusammen. Es gab Gras gefüttertes, butterzartes Rind aus der Region. Ich bestellte dazu Pilzsauce und Salat, Eric wirklich pfeffrige Pfeffersoße und Pommes. Denkt nicht ich sei auf Diät: wir teilten Salat und Pommes ;)
Es war ein Genuss, aber mir nach so vielen Tagen Gemüse doch etwas viel. Den Rest ließen wir einpacken, legten es in unsere Kühltruhe und werden es morgen verarbeiten. Hier wird es nun nachts wieder um einiges kälter und nachdem wir das super Wifi genutzt hatten, kuschelten wir uns in je zwei Schlafsäcke mit Kuschelsocken, Thermowäsche und zwei Wolldecken oben drüber, Tüchlein um den Hals und fertig. Wir werden zurück in Deutschland in der Sommerhitze wohl nachts kein Auge mehr zu tun können.
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