Die Nacht war leider nicht so perfekt gewesen wie der Abend an sich. Der Wind pfiff uns um die Ohren und zerrte lautstark am Zelt. Wir machten kaum ein Auge zu und irgendwann kletterte Eric aufs Dach und riss wütend die Zeltplane herunter. So wurde es wenigstens etwas leiser. Aber auch die ungewohnte Wärme machte uns in dem stickigen Zelt zu schaffen; bisher hatten wir ja eher jede Nacht gefroren. Der Wecker war sowieso früh gestellt, denn wir wollten hier, in dieser scheinbar unendlichen Weite, auch den Sonnenaufgang beobachten. Schlaftrunken mummelten wir uns ein und stampften die Wege vor. Andere sind mit ihren Autos in „die erste Reihe“ gefahren, aber dann hätten wir schon alles verräumen/ abbauen müssen. Endlich ein paar Meter zu Fuß schadeten wirklich nicht. Wir setzten uns auf einen Felsvorsprung und nachdem wir gesehen hatten, dass unsere „Nachbarn“ ihren Müll an der Feuerstelle haben liegen lassen, ignorierten wir ihren winkenden Gruß. Mit Müllschweinen wollen wir nichts zu tun haben.
Wir saßen da und starrten an den Horizont. Hätte mir heute jemand erzählt, die Erde sei eine Scheibe, wäre das gar nicht so abwegig gewesen :D An sich kann ich nach unseren vielen Flügen um die Welt bestätigen, dass dem nicht so ist, aber hier, wo sich die ausgetrocknete Salzpfanne bis zum Horizont und darüber hinaus erstreckte, sah die Welt sehr unwirklich aus. Wir sahen die Sonne nicht vollständig aufgehen. Der magische Moment, wie sie sich scheinbar von der Erde löst, blieb unseren Augen verborgen. Als wir den roten Feuerball sahen, war er schon weiter oben am Himmel. Scheinbar hatten (Staub-) Wolken den unteren Teil verdeckt, schade. Aber wir waren auch so begeistert zu sehen wie sie zu leuchten begann.
Mit der Sonne im Rücken trotteten wir den Weg zurück und legten uns nochmal hin. Wir waren k.o. nach dieser Nacht und als wir dann zum zweiten Mal an diesem Tag aufstanden, ging es uns schon besser und wir waren bereit fürs Frühstück. Nach dem Frühstück waren wir bereit loszuziehen. Wir fuhren um Kubu Island herum. Diese Insel ist während der Regenzeit von den Salzseen umschlossen, nur in der Trockenzeit ist sie befahrbar. Wir fuhren ein wenig um die kleine Insel herum und stiegen dann aus. Seltene Bewegung war angesagt! Wir kraxelten die Steinformationen nach oben bis zum höchsten Punkt (das klingt jetzt höher als es wirklich war), blieben an Dornbüschen hängen, ich fiel auch mal über die eigenen Füße und dann überblickten wir die vielen Baobabs, die hier wuchsen. Außerdem schweifte der Blick in die Ferne. Trocken- und Einsamkeit so weit das Auge reichte. Verrückt.
Auch heute war es extrem windig, deshalb zogen wir es nicht in die Länge. Von hier aus fuhren wir zu Erics Freude eine kürzere Strecke weiter südlich und er konnte über die Salzpfannen driften. Ich klammerte mich derweil an den Griff fest unf hoffte, dass unser Topf und der Saft gut verschlossen waren. Dieser Streckenteil war bei weitem besser als der gestrige und bot auch schönere Ausblicke.
Zurück in der Zivilisation tankten wir auf, bekamen wieder ungefragt die Scheiben geputzt und dann ging es eintönig weitere anderthalb Stunden weiter. Wir sahen mal Abzweigungen für Minen und fanden später im Internet heraus, dass hier Diamanten abgebaut wurden. Wow, das hätte ich gern gesehen. Ansonsten konnten wir mehrfach kleine Gruppen in leuchtenden Warnwesten beobachteten, die am Straßenrand Büsche ausgruben. Sonst passierte nichts bis wir am heutigen Ziel ankamen. Eine weitere Empfehlung des Autovermieters. Wir waren nun am späten Nachmittag beim Khama Rhinozeros Sanctuary angekommen und da wir immer skeptisch waren, ließen wir uns erstmal erklären um was es sich hier genau handelte. Wir waren überzeugt, zahlten 39€ für anderthalb Tage Selbst-Safari durch den Park und eine Nacht auf dem Campingplatz. Die Temperaturen sind während der Fahrt deutlich gestiegen, wir hatten 10 Grad am Nachmittag bei der Ankunft, kauften erstmal zwei Bündel Feuerholz, eine Karte für den Park (1€) und aßen im lieblosesten Restaurant, was wir hier je gesehen haben) eine heiße Kartoffelsuppe. Also so was in der Art sollte es wohl sein. Wird Zeit, dass wir zurück nach Sachsen kommen ;D Wir nutzten das Wifi um ein paar Nachrichten zu beantworten und ich skypte mit meinen Ellis, denn es galt die baldige Rückkehr zu organisieren. Dann galt es den Platz Nr.7 in dem Weg-Wirrwarr des Campingplatzes zu finden. Mittlerweile nieselte es. Das erste Mal seit wir in Afrika angekommen waren und es wurde noch kälter. Nur um uns zu wärmen und um es etwas gemütlicher zu machen während wir aufbauten und Zähne putzten, entfachten wir ein Feuer. Unsere Anzünder waren alle, deshalb nutzten wir lauter kleine Kartons und eine ausgeklügelte Konstruktion, die von Erfolg gekrönt wurde. Lange hielten wir es nicht durch, denn es war trotzdem noch zu kalt und tropfte von oben. Das zweite Bündel Feuerholz blieb also noch unangetastet. Wir kuschelten uns in alles was wir hatten: Mütze, Schal, Socken, zwei Schlafsäcke, zwei Wolldecken und begannen eine neue Serie. Nur noch vier Nächte…dann sind wir zurück.
Wie erwartet war die Nacht zu kalt um erholsam zu sein, aber früh konnten wir lustigen ungewöhnlichen Vogelgeräuschen lauschen. Das hat schon was :) Leider ließ die Sonne auf sich warten. Wir nutzten den Platz um heiß zu duschen und alles abzuwaschen. Auch ein paar Kleidungsstücke wurden nochmal gewaschen und vom Staub befreit, damit wir nicht ganz so lotterig bei unserer Ankunft in Deutschland aussehen werden. Danach starteten wir unsere Safari, aber bei der Kälte war es fraglich ob wir eins der hier lebenden Nashörner und andere Tiere überhaupt zu Gesicht bekämen.
Der Park wurde 1989 von Einheimischen gegründet, vier Jahre später offiziell eröffnet und die ersten Tiere zogen ein. Man wollte den Jägern entgegenwirken und den Tieren einen geschützten Lebensraum bieten. Im fernen Osten gilt das Horn des Nashorns als Aphrodisiakum und im Jemen, so entnahmen wir der Broschüre, wird es als „edler“ Dolchgriff genutzt. Um die fast bis zum Aussterben gejagten Nashörner zu schützen, errichtete man diese Schutzzone. Mittlerweile ist das Gebiet doppelt so groß wie im Gründungsjahr (8.600 Hektar). Der westliche Teil ist für Besucher geschlossen, damit sich die Tiere wirklich bei Bedarf zurückziehen können, die anderen Teile können befahren werden. Wie auch im Chobe Nationalpark darf das Auto aus Sicherheitsgründen nicht verlassen werden. Der Park beherbergt weiße und schwarze Nashörner, aber auch andere Tiere. Giraffen, Zebras, Wild, zahlreiche Vögel, kleine Nager…Die Nashörner haben hier schon Nachwuchs bekommen und die Population wächst langsam wieder. Das komplette Gras- und Buschland ist umzäunt und wird 24/7 von Sicherheitsfirmen überwacht, damit keine Jäger eindringen. Es schien also wirklich ein guter Ort zu sein.
Wir folgten den sandigen Wegen und ließe uns von der Karte leiten. Am größten Wasserloch sahen wir eine Art afrikanischen Bison wie man ihn aus Filmen kennt (erneuter Verweis auf den Klassiker „König der Löwen“). Auch lustige Erdhörnchen und leuchtend rotbäuchige Vögel bekamen wir zu Gesicht. Als wir weiter fuhren, sahen wir weitere Rehe, aber ich muss erst mit einer guten Internetverbindung nachschauen um welche es sich handelt. Auch der Impala mit dem schwarzen Rücken tauchte gleich doppelt vor unseren Augen auf, aber er war im Gras so gut getarnt, dass er auf den Fotos leider nur ein verschwommener Fleck war…jaja, so viel zu einer (richtig) guten Kamera. Das wird die nächste Investition sein müssen - für die nächste Weltreise ;) Wir sahen viele Trampelpfade verschiedener Tiere zu den Wasserlöchern führen, Zebras leuchteten in der Sonne. Aber keine Spur von Giraffen und Nashörnern. Schade, aber das spricht ja eigentlich für den Park, dass man eben keine Spaß-Garantie bekommt, sondern die Tiere genügend Rückzugsmöglichkeiten bekamen und wir freuen uns stets solche Orte kennenzulernen.
Wir bogen zur kleinen Vogelbeobachtungshütte ein und trafen da auf eines der Militärfahrzeuge. Die sieben Männer, die zum Schutz der Tiere hier (sogar bewaffnet & mit Schutzweste) herumfuhren, berichteten uns, dass sie vier Nashörner Nähe des ersten Wasserlochs gesichtet hätten. Wir bedankten uns und lauschten erstmal den Vögeln sowie einem Pumba am Wasserloch; hier war ein fröhliches Treiben und aufgeregtes Zwitschern. Dann fuhren wir noch einmal den Bogen zum Wasserloch. Zunächst sahen wir Zebras in Reih & Glied mit gesenkten Köpfen trinken. Als sie wieder wegtrabten, näherten sich weitere größere Tiere, gefolgt von kleinen Rehen und plötzlich erspähte Eric einen grauen Rücken in weiter Ferne. Wir starrten konzentriert auf diese Stelle und sahen dann noch zwei weitere. Das mussten drei der Nashörner sein! Sie waren verdammt weit weg, wir fuhren sogar nochmal eine kleine Runde, kamen aber nicht wirklich näher heran. Wir hätten sie zu gern von Nahem beobachtet und wären gern länger hier verweilt, aber die Pflicht rief. Uns stand heute noch der letzte Grenzübergang zurück nach Südafrika bevor und wie wir nun alle wissen, geht die Sonne hier mit 18 Uhr verdammt zeitig unter. Immerhin wussten wir nun: es gibt sie hier, die Nashörner. Es schien ihnen auch gut zu gehen und auf noch mehr huckelige Sandrunden hatten wir gerade eh nicht mehr so wirklich Lust.
Zwischendurch mussten wir noch einkaufen. Wir hätten ja zu gern mal ein richtig afrikanisches Gericht probiert, aber die Campingplätze und Lodges haben meist nur westliches Essen und so richtig wurden wir nicht fündig, also kochten wir doch nochmal selbst. Auch das Trinkwasser wurde knapp und Eric lechzte es nach einer kleinen Pizza. Die Shoppingmall erfüllte unsere Wünsche, an der Tankstelle gaben wir die letzten Pula (botswanische Währung) aus. Dann hieß es weiterfahren und es ist wie jeden Tag echt ein richtig unschönes Gefühl an all den Dorfbewohnern vorbeizufahren, die mit ihren Tüten zu Füßen den Daumen ausstreckten in der Hoffnung noch vor dem spät eintreffenden Bus mitgenommen zu werden. Denn unser Laderaum war vollgestopft mit der Campingausrüstung, auf dem Rücksitz stapelten sich Bettzeug, Rucksäcke und Klamotten. Wir hatten schon versucht es enger zu stapeln, aber es ging einfach nicht. Meist schauten wir dann beschämt zu Boden.
Des Weiteren sah ich eine tote Hyäne am Straßenrand. Die erste und einzige, die wir hier sahen. Sie hatte sehr dunkles Fell, Tupfen und war flauschiger als gedacht, aber zugegeben wirklich nicht besonders schön. Dann, nach drei Stunden Fahrt erreichten wir die Grenze zwischen Botswana und Südafrika, an der es keine Probleme und versteckte Kosten geben sollte. Wir passieren diesmal weiter östlicher als auf der Hinfahrt und beim Ranfahren eierten wir erstmal hin und her, weil die Beschilderung echt zu wünschen übrig ließ. Am Ende fragten wir nach und bekamen gleich den Tipp uns nicht einzureihen, denn dann würden wir von den Truckfahrern zugeparkt werden. Na wohin denn dann? Wir sollten einem blauen Pkw folgen, aber der sauste wo völlig anders lang und Eric war unschlüssig ob das auch für uns der richtige Weg sei. Wir parkten am Rand und holten uns unsere Ausreisestempel ab. Völlig unkompliziert. Ich fragte nach warum so viele Lkws hier bewegungslos stehen. Es gebe seit vier Stunden auf südafrikanischer Seite einen Systemausfall. Ach du liebe Zeit. Am Ende steckten wir natürlich doch fest, denn es kamen immer mehr von hinten rangefahren. Ab und an rangierten vor uns welche und Hoffnung keimte auf. Wir folgten dem Wink des Pkw-Fahrers vor uns und fuhren halb über den Bordstein an einigen vorbei. Doch dann bedeutete uns einer der Trucker-Fahrer, dass wir mit unserem Pick-Up nicht sehr weit kommen würden. Er winkte und ruderte mit den Armen bis wir wieder rückwärts fuhren, ein Rad oben auf dem Bordstein, ein Rad unten dicht neben den Trucks. Die Sonne war schon vor fast einer Stunde untergegangen. Er zeigte uns einen Weg drum herum. Dort musste vorhin das blaue Auto hin verschwunden sein. Wir bedankten uns überschwänglich und fuhren, bis wir wieder stecken blieben. Diesmal auf einer Brücke. Hier schien definitiv ein weiteres Defizit dieses Grenzübergangs zu sein. Diese wackelige Brücke war einspurig, aber wurde sowohl zur Ein- als auch zur Ausreise genutzt. Na prima. Wir begannen auf unserem iPad unsere Serie zu schauen und Kekse zu knabbern.
Gott sei Dank hatten wir Mittag doch nochmal am Supermarkt angehalten. Irgendwann ging es dann vorwärts, ein Polizist half beim Einweisen. Er bedeutete uns anderen Pkws zu folgen und nun waren wir im Niemandsland :D Bald waren wir aber nah genug und konnten uns zumindest schon den Einreisestempel für Südafrika holen. Wir verfolgten weiter das Chaos. Zwei Polizisten und einige weitere Grenzbeamte versuchten den Andrang so zu regeln, dass die Brücke immer so frei blieb, dass beide Seiten sie durchfahren können. Das Problem war nur, dass der Grenzübergang in Botswana 20 Uhr schließt, der in Südafrika erst 22 Uhr. Die Zeit schritt voran und wir gingen davon aus, dass die Trucks dann bis 6 Uhr früh warten mussten.
Irgendwann ergab sich eine Lücke, wir wurden gefragt ob wir auch alle Stempel hatten, aber kontrollieren wollte es keiner. Dann sollten wir auf der Gegenfahrbahn vorfahren. Wir wollten schon in Jubel ausbrechen, aber dann kamen wir wieder hinter einem Truck zum Stehen. Was war denn hier nur los? Jetzt waren doch die hier alle durch die Grenze, hatten ihre Stempel und mussten fahren. Wir saßen uns die Popos platt und stiegen dann mal aus. Überall wurde eifrig diskutiert, doch die meisten hatten mittlerweile die Motoren und Lichter ausgeschaltet. Ein Zeichen der Resignation. Das sah nicht gut aus. Unser auserwählter Campingplatz war keine 10min mehr entfernt, selbst den Lkw Parkplatz in wenigen Metern konnten wir nicht erreichen. Ein Fahrer, der seinen Frust offensichtlich schon versucht hatte wegzutrinken, erklärte uns, dass die Gegenfahrbahn sich z.T. zu dritt statt wie vorgesehen nur auf eine Fahrbahn gestellt hatten und wir deshalb alle nicht vorbeikämen. Oh man, wenn Dummheit wehtun würde…die hatten alle so gedrängelt, dass jetzt alles verstopft war. Es gab kein Vor und kein Zurück, einige Fahrer waren gar nicht in ihren Fahrkabinen; scheinbar holten sich gerade alle Abendessen. Das durfte doch nicht wahr sein. Der Egoismus einzelner bedeutete auch hier das Leid vieler. Einige Männer hörten wir diskutieren, sie fuchtelten, winkten. Viele schauten neugierig in unser Auto. Wir hatten nun laute Musik an und verfolgten weiter das Geschehen, grüßten nett, warteten. Wir überlegten schon, wie wir die Decken stapelten, dass wir halbwegs bequem im Auto schlafen konnten und wollten uns abwechseln, falls es doch noch vorwärts ging. Außerdem war es uns hier im Dunkeln nicht so ganz geheuer. Plötzlich tauchten zwei bewaffnete Militärs auf und wir wissen nicht welches vehemente Machtwort sie gesprochen und wen sie zurückgedrängt haben, aber unsere Spur, allen voran erstmal die Pkws, die in allen Lücken steckten, kamen langsam voran. Zwischendurch muss auf der Gegenfahrbahn wieder jemand gedacht haben, oh wie schön, ich nutze mal die freie Spur, denn wir blieben wieder stehen. Doch auch der muss auf den Sand ausgewichen sein, denn dann rollten wie endgültig. Der ganze Spaß hatte uns drei Stunden gekostet. Es reichte uns jetzt mit afrikanischen Ländergrenzen.
Der Campingplatz hatte seine Tore natürlich schon geschlossen, aber gegenüber wurden wir auf einem anderen freundlich empfangen und so nah an der Hauptstraße war es der preiswerteste mit 15€. Wir wärmten unser Kartoffel-Curry auf, bauten schnell alles auf und verkrochen uns dann in die wärmenden Decken. Das war ja wieder ein Akt…
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