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einjahrblau

Tag 37+38: Glacier NP

Joah, die Nacht war doch wieder recht kühl. Wir leerten das Müsli, angereichert mit der letzten Banane und wollen mal so ehrlich sein: weil aller guten Dinge drei sind, besuchten wir noch einmal den Whirlpool im Lake Louise Inn. Der Vorteil war wieder zusätzlich das hervorragende Wifi, sodass ich Michi zum 30.per Videoanruf gratulieren (na wer hat schonmal einen Geburtstagsanruf aus dem Whirlpool bekommen^^?) und danach noch spontan mit meinen überaus erfreuten Ellis facetimen konnte. Wir kamen aus dem Schnattern und Autobett zeigen trotz ab und an wackliger Verbindung gar nicht mehr raus. So viel Heimatgefühl :) Auch dank Ali & Christian :)


Dann hieß es nochmal günstig volltanken und ab auf den Trans Canada Highway Richtung Golden (ca.83km entfernt). Golden wirbt damit das Herz der Nationalparks zu sein, weil es wirklich sehr zentral zwischen den sechs Nationalparks liegt. Goodbye Banff; Eric wird für all die 3000er sicher nochmal wiederkommen, während ich um Vancouver Island Insel-Hopping betreiben werde :P

Und wen trafen wir trampend bei Field? Henry, den seit anderthalb Jahren rumreisenden Bielefelder (kein Reise-Ende in Sicht). Wir hatten ihn schon letztens am Moraine Lake kennengelernt. Was er mit seinen 26 Jahren schon erlebt hat, v.a.beim Trampen und spontanen Bungee-Jumping würde ganze Bücher füllen. Diesmal nutzten wir die Gunst der Stunde und tauschten Email-Adressen aus. Handynummern haben wir keine mehr. Vielleicht sehen wir uns nochmal in den USA.


Während der Fahrt sprachen wir kaum, zu groß fühlte sich der Verlust an die Rocky Mountains hinter sich zu lassen. Ab jetzt wird es nur noch flacher und steigert sich unausweichlich der Abreise entgegen. Ob wir nochmal wiederkommen? Die Frage geisterte im Kopf rum, schließlich ist Kanada eins der teuersten Reiseländer der Welt. In Golden stoppten wir dann recht halbherzig an einem Supermarkt.

Denn jeden Morgen grüßt die Haferflocke…


Das Visitor Centre hatte schon zu, wir fuhren zu einer offiziellen kostenlosen Recreation Site, Waitabit, dank I Overlander direkt am Fluss. Es gab ein Plumpsklo, Picknicktische und Feuerstellen. Aber kurz nach der Ankunft goss es erstmal in Strömen, sodass Eric Spaghetti im Kofferraum kochte. Neben uns stand in einem RIESIGEN Armee(?)Truck ein deutsches Rentner-Pärchen. Da sie „wild“ gecampt hatten, mussten sie schon 100CD Strafe zahlen. Oups. Aber die haben so ganz generell auch ein anderes Reisebudget. Allein für die Verschiffung ihres fünfmal so viel Sprit-schluckenden Boliden hatten sie 5.000Dollar gezahlt. Und sie selbst mussten auf Grund der Corona-Bestimmungen fliegen. Dahinter stand ein kanadisches Paar unseren Alters. Sie luden uns an ihre Feuerstelle ein und mobilisierten Kisten und Eimer als Sitzgelegenheiten, Bier gab es auch. Wir unterhielten uns stundenlang, erfuhren viel über Kanada und natürlich kommen auch immer bisherige Reisen zur Sprache. Hier kam der Sprit mal 52ct. Jaja, als wir unsere Reisepläne geschmiedet hatten, gab es weder einen nervenden Virus noch einen Ukraine-Krieg.



Hier sind wir nun. Im wesentlich kleineren, aber genauso lohnenswerten

Glacier Nationalpark, der zu den Silkirk Mountains gehört (keine Sorge, der Begriff ist uns auch neu). Der Name verrät es schon. Es gibt hier verdammt viele Gletscher. So um die 30? Und wer im Winter seine Touristen-Dollar ausgeben möchte, für den gibt es hier zahlreiche, nur mit dem Helikopter erreichbare Lodges. Na das ist doch wieder was. Exklusivität kennt zwar für uns, aber nicht für die Reichen und Schönen ihre Grenzen. Wer kann, der probiere doch bitte auch das Heli-Skiing. Wir fuhren erstmal fix zum Rogers Pass Discovery Centre. Dort gab es eine kleine, aber feine Fotoausstellung mit Detailaufnahmen der Gletscher. Schon schön gemacht :)


Da heute die Sonne schien, wollten wir nochmal eine größere Wanderung einlegen. Wir verabschiedeten uns von unseren „Nachbarn“ nach unserem üblichen Frühstück und fuhren den Highway weiter direkt in den Nationalpark hinein. Von einem Parkplatz aus gingen sehr viele Trails ab, dort wollten auch wir starten. Gott sei Dank nehme ich keinen Podcast aus, denn trotz Hilfestellung an der Infotafel weiß ich nicht so recht wie man den Gletscher Illecillewaet ausspricht. Laut Schild SIL-ah-wet (und jetzt alle ;)); es bedeutet großes Wasser.


Wir bogen erstmal ab um die Stelle zu sehen, an der sich der Asulkan Brook und der Illecillewaet River treffen, Meeting of the Waters. Sie kommen von verschiedenen Gletschern ins Tal. Ob wir jemals nochmal so frische Luft einatmen? Das bleibt fraglich. wir konnten die klare, gletscherfrische Bergluft quasi auf unserer Zunge schmecken.

Zu Beginn wies schon eine Infotafel darauf hin, dass nicht alle Trails geöffnet sind. Dies soll das weltweit am meisten überwachte Lawinengebiet sein und es finden regelmäßig Sprengungen und Messungen statt. Na, da möchten wir auch eher ungern zufällig reinspazieren. Weitere Schilder wiesen auch darauf hin, dass wir gleich zu Beginn an den Ruinen des ehemals berühmten, prunkvollen Glacier House Hotel stehen, welches im Jahr 1925 endgültig geschlossen hat. Die Touristen blieben aus, nachdem die kanadische Eisenbahngesellschaft ihre Gleise vorm Hotel auf eine andere Strecke umlegte; wohl auch weil bei Gleisarbeiten zahlreiche Männer unter einer Lawine verschüttet worden und es einen Aufschrei des Protestes gegeben haben soll, eine sicherere Strecke zu verlegen. Nun denn…Außerdem erfuhren wir, dass hier eine der Hauptgeburtsstätten fürs Klettern in Nordamerika sei. Auch interessant. Wir liefen dann Richtung „Great Glacier“ und bewunderten wieder den Märchenwald. Man erwartete hinter jedem moosbedeckten Stein eine kleine Fee, aber gesehen haben wir keine ;) Auf Fotos lässt es sich nicht gut einfangen, aber es sah so zauberhaft aus, wie die Sonne durch die Baumkronen schien, einige Pilze wie im Rampenlicht standen und der nasse Waldboden unter der ersten Tageswärme dampfte. Deshalb hat Eric ein kleines Video aufgenommen. Der Regenwald-ähnliche Pfad erinnerte uns sehr an den kleinen Park, den wir auf Vancouver Island durchlaufen hatten. Auch da bedeckten Moos und zahlreiche Farne den Boden. Unser Fußbild, ihr werdet es gleich mit sehen, ähnelt übrigens verdammt dem, was wir vor vier Jahren auf Korsika geschossen haben. Unser tollster Urlaub bisher; ich spreche an dieser Stelle mal eine Empfehlung aus ;)



Man genoss immer mal einen Blick auf den türkis leuchtenden Fluss und dann kam das übliche steile Stück bevor wir einen herrlichen Rundumblick genossen konnten. Wir kraxelten an den anderen, wenigen Wanderern vorbei, immer weiter hinauf. Da fühlt man sich ganz klein und unbedeutend. Die Aussicht bot bereits einen Ausblick auf einen kleinen Gletscher, der nach der Familie Vaux benannt wurde und einige kleinere Wasserfälle, aber wir hofften den großen, namensgebenden Gletscher erreichen zu können. Aber egal wie viele Steine wir erklommen (tlw.auf allen Vieren), egal wie viele Meter wir uns in dieser bizarren Landschaft nach oben kämpften, das Ende kam einfach nie in Sicht und trotz dickem Käsetoast zum Lunch ließen meine Kräfte in den Beinen nach. Man darf nie vergessen, dass man die selbe Strecke auch wieder nach unten muss und das - wenn‘s geht - stolperfrei. Kleiner Ohrwurm: „Über Stock und über Steine, ja da brech ich mir die Beine…“

Eric war die Enttäuschung anzumerken und als ich dann später aus dem Auto heraus sah, wie sich die unerreichte Gletscherzunge über den Grat ergoss, war auch ich unsagbar enttäuscht. Von oben hätte es sicher einen herrlichen Anblick ergeben. Ich fühlte mich von den Bergen verhöhnt und werde sie definitiv mit einem lachenden und einem weinenden Auge verlassen. Die Frage kam auch wieder auf, was sich das Schicksal eigentlich vor sechseinhalb Jahren dabei gedacht hatte, eine Bergziege mit einer Wasserratte zusammen zu bringen…



Halbherzig hielten wir am ach so toll klingenden Rock Garden einige Kilometer weiter. Joah. Man läuft so 15min über Stock und Stein eine Runde. Das nennt sich dann Lehrpfad. Am Eingang stand, dass hier im Frühling auf Grund der Schwarzbären und Grizzlies geschlossen sei und wir wurden das Gefühl nicht los, dass es unter und zwischen den Steinen nach Bärenfell roch - Paranoia ganz groß geschrieben. Wobei wir wohl keinen Grizzly sehen werden. Schade um euch und die Story, aber besser um uns, unsere Nerven und die unserer Familien ;)

Gelaufen sind wir aber so immerhin fast 12km.



Empfang hatte man hier keinen, die Visitor Centres schon zu, deshalb wussten wir auch nicht so recht, was tun und wohin. Nach weiteren gefahrenen Kilometern hielten wir schließlich auf einem nicht so besonderen, aber zweckmäßigen Platz für die Nacht in dem größeren Ort Revelstoke, kochten in der Kälte Reis mit Scheiß (so nennen wir es, wenn das, was da ist, mit dem Reis vermischt wird) und aßen schweigend. Jedes warme Gericht ist eine Wohltat bei den Temperaturen. Die Abreise ist zum Greifen nah, die Nerven zum Zerreißen gespannt. Eine heiße Dusche wäre jetzt schön…

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