Am nächsten Morgen störte sich nichtmal die Rangerin, dass wir auf dem Parkplatz schliefen, obwohl nur ein paar Meter weiter ein offizieller Campingplatz war. Da wir früh ins Bett gekrabbelt sind, erwachten wir auch zeitig und warteten geduldig, bis das Visitor Centre um 9 Uhr öffnete. Wir vertrieben uns die Zeit mit Bett zurückbauen, lesen (derzeit „Bäume reisen nachts“) und Frühstück.
Dann bekamen wir eine Wanderkarte, sogar auf Deutsch und eine kostenfreie Erlaubnis die zwei noch offenen Höhlen zu besichtigen, zeigten unseren NP-Pass vor und fuhren in die einzigartige, unwirkliche Lavalandschaft. Der Karte könnt ihr entnehmen, wo wir uns rumgetrieben haben.
Den Hügel Inferno Cove hinauf knirschten die Lavasteinchen unter uns; es hätte auch Tiefschnee sein können. Wir hatten wirklich spektakuläre 360 Grad Aussichten um uns herum.
Beim Indian Tunnel nahmen wir den hinteren Ausstieg und liefen den Trail auf dem Lavagelände zurück, da ist ein bisschen Trittsicherheit nicht schlecht ;)
Danach, es war ca.13 Uhr ging die große Fahrt weiter bzw.erst richtig los.
Wir werden ca.zwei Tage bis zur Oregon Coast brauchen und um die Fahrt „zu nutzen“, war das nächste Zwischenziel der Hells Canyon.
Den erreichten wir allerdings erst abends, ein paar letzte Sonnenstrahlen erwischten wir noch, fuhren aber dann auch erschöpft noch ein letztes Tagesstück im Stockdunkeln.
Die siebenstündige Fahrt war anstrengend, zumal sich die Landschaft nur unwesentlich änderte. Fast ausschließlich sahen wir trockene, mit Grasbüscheln übersäte Hügel & Berge in der Wüste, ab und an einzelne Ranches und verrostete Trucks - ich gebe zu, wir haben keine Ahnung wie man hier leben kann bzw. Leben können will. Gefühlt ist das mitten im Nichts. Wenn du da das Eis beim Einkaufen vergisst, bist du am A…Die amerikanischen Filme übertreiben null, es sieht hier echt so aus!
Das Thermometer zeigte Nachmittag fast 40 Grad. Wir brauchten gute Laune, also fuhren wir für Kekse ran :D Vorm Supermarkteingang strategisch perfekt positioniert, stand ein kleiner gelockter Junge in Pfadfinder-Outfit und fragte ob wir Kekse kaufen würden. Das war ja wie im Film! Wir schauten uns das Sortiment an, er zeigte stolz alle Packungen und Preise und sein Papa erklärte uns nochmal, für was sie das Geld sammelten und was die kleinen Scouts so tun. Als er mit der Army in Japan stationiert war, nutzte er seinen Urlaub für einen Deutschlandbesuch. Er schwärmte von seiner echten, manuell betriebenen Kuckucksuhr für $400, von Brezeln, München und dem Schwarzwald. Das Schloss Neuschwanstein hatte er auch besucht. Wir gestanden ihm, dass wir davon nur München kennen und er, dass er es leider nicht mehr in den Osten geschafft hatte. Aber er will wieder kommen und wir empfahlen ihm natürlich Österreich. Warum er uns dann ein belgisches Restaurant im Ort empfohlen hatte, verstanden wir nicht ganz ;) Jedenfalls lenkten sie geschickt auf ihre Süßigkeiten zurück und wir kauften eine Riesentüte Zimt-Popcorn für stolze $20. Beim Runterrasseln hatte der kleine vergessen zu erwähnen, dass die große Tüte doppelt so viel kostete. Und kleine hatten sie mit Zimt nicht mehr. Nun ja, einmal und nie wieder. Das werden hoffentlich die leckersten Popcorn unseres Lebens! Wenn uns oder euch das nächste Mal ein kleiner, unschuldig wirkender Pfadfinder auflauert: tut sehr beschäftigt und rennt weg ;) Aber er hat extra für uns sein gebasteltes Popcorn-Kostüm angezogen. Immerhin. Ich rede mir mal ein, dass es für einen guten Zweck ist…Investition in die nächste Generation und so.
Frisches Obst und neue Haferflocken gabs dann auch noch und weiter ging’s. Abends wollten wir zwar vorankommen, aber auch nicht den ganzen Canyon im Dunkeln durchfahren. Das wäre a) anstrengend (wir sahen auch lauter Rehe) und b) schade drum. Wir fanden offizielle Stellplätze am Fluss - den wir im Dunkeln nicht sahen - wo schon andere standen, es zirpte, raschelte und plätscherte wie im Dschungel um uns herum.
Wir aßen eine Suppe, machten ein Feuer und fielen dann frisch geräuchert ins Bett. Wir hatten übrigens wieder den Zeitsprung zurück, haben jetzt also (mal wieder) 9h Unterschied zu euch nach Deutschland. Wir wechselten hier im Canyon zwischen den Bundesstaaten Idaho und Oregon, morgen werden wir dann nur noch in Oregon weiterfahren.
Der nächste Morgen war herrlich, weil es nicht mehr so kalt war. Einfach herrlich kuschelig. Die Geräusche der Nacht hatten sich mit dem einfallenden Sonnenlicht geändert und wir genossen im Canyon unser Frühstück. Wir kamen uns vor wie im Garten Eden. Im Sommer gab es hier tausende Brombeeren & Kirschen, die leider fast niemand gepflückt hatte. Wir ernteten jetzt Anfang Oktober gelbe Minipflaumen (so lecker) und Äpfel. Man musste die Bäume eigentlich nur schütteln und die Schüssel darunter halten. Wir fuhren dann weiter in den Canyon hinein, die Zeit sprang noch einmal vor und zurück, mussten dann aber leider feststellen, dass das Visitor Centre schon geschlossen hat und dass es auch hier Bären gibt. Das hatte Eric gewusst, mir zu meiner abendlichen Beruhigung aber bewusst verschwiegen.
Die Straße führte nicht wie gedacht weiter. Also mussten wir wieder zurückfahren, allerdings bietet der Hells Canyon in beide Richtungen einen herrlichen Ausblick. Es waren zwar viele Kilometer „Umweg“, aber so sahen wir noch ein anderes Naturschauspiel. Den Aussichtspunkt weiter oben sparten wir uns dann aber doch, denn das wären nochmal heftige Serpentinen gewesen und mir war schon übel. Ich hatte auch keine Lust mehr zu wandern, ich wollte nur noch den Fahrttag hinter uns bringen und an der Küste ankommen. Ich hatte die vergangenen Tage sehr genossen und werde den Yellowstone nie vergessen. Aber mein Herz schlägt für die Meere dieser Welt und es wurde Zeit.
Allerdings zog sich die Fahrt eeewig. Ganze 9h Fahrt standen uns bis zur Küste bevor. Wir fuhren noch ein ganzes Stück aus dem Canyon raus und tankten mitten im nirgendwo im Örtchen Halfway. Dort stand der Tankbehälter über und nicht unter der Erde und erst musste man einen Hebel seitlich bedienen. Die Pumpe hing frei rum; wir mussten erst nachfragen wie es funktioniert. Die Kreditkarte musste man vorher abgeben und wir sahen, dass sie einfach auf dem Tresen lag, während die Frau ihre Kunden im Nachbarhaus bediente…wenn Tanken zum Abenteuer wird.
Und dann ging’s los…stundenlang die gleiche Wüstenlandschaft und vereinzelt Landwirtschaft. Wir wechselten uns regelmäßig mit Fahren ab, naschten um etwas zu tun zu haben, suchten Radiosender, die weder rauschten noch Country Musik spielten und erreichten eine maximale Temperatur von 89 Fahrenheit. Noch vorgestern früh hatten wir die frisch beschneiten Berge im Grand Teton NP bestaunt, jetzt hielten wir an um in kurze Shorts zu schlüpfen und schwitzten.
Kurz vor Portland, die Stimmung war schon nicht mehr die beste, fuhren wir vom Highway 84 auf die historische Route 30 an drei Wasserfällen lang, sahen wieder saftig moosig bedeckte Bäume, kamen genau richtig um die orange glühende Sonne hinter dem Columbia River untergehen zu sehen und kochten Spaghetti Bolognese. Knoblauch, Zwiebel und Zucchini hatten wir schon früh geschnippelt und vermischt.
Danach fuhr es sich auch einfach besser und entspannter weiter und wir liefen nicht Gefahr im Dunkeln zu kochen & zu essen, wie gestern. Wir sind ewig mit Blick genau in die Sonne auf dem Highway gefahren, die Windschutzscheibe voll den Blick verzerrenden zermatschten Insekten, da tat der Sonnenuntergang so seine Wohltat ;)
Er heißt auch der Sunset Highway.
Um den Tag aber wenigstens vollends zu nutzen, fuhren wir bis zur Erschöpfung. Da wir dem Ziel aber nicht näher zu kommen schienen, entschieden wir kurz nach 22 Uhr auf dem Sunset Rastplatz zu schlafen, wo schon andere standen. Offiziell ist es zwar eine Day Use Area, aber es störte sich niemand daran. Mit frischem Quellwasser konnten wir auch unsere Wasservorräte auffüllen. Das letzte Stück werden wir dann ausgeruht morgen fahren und endlich am Strand ankommen :)
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