Wir schliefen aus und früh wurde nochmal in Ruhe gratuliert und durch die Zeitverschiebung waren auch schon alle Geburtstagsglückwünsche per (Sprach-) Nachricht und Video eingetroffen. Ich bedanke mich mal in Erics Namen, dass ihr an ihn gedacht habt :)
Ich hatte dem Hostel vorher Bescheid gegeben, dass Eric Geburtstag hat. Letztes Jahr auf Gili Meno (Indonesien) hatte der Vermieter ein Herz aus Blumen und die Buchstaben HBE (Happy Birthday Eric) aufs Bett gelegt. Als wir hier zum Frühstück, was mit inbegriffen war, herunterkamen, grinsten sie nur alle, einer gratulierte und versprach Eric ein kolumbianisches Bier am Abend. Das Frühstück war gut und wir konnten wählen. Saft, Tee, Obst, Rührei und Toast mit der fruchtigsten Maracuja-Marmelade des Planeten. Wir erkundigten uns nebenbei nach ein paar Touren und schrieben uns für die bekannte Comuna 13 Tour ein.
Vorher packten wir einen kleinen Rucksack mit Wasser, Äpfeln & Co. Und liefen erstmal ins auf dem Weg liegenden Einkaufszentrum. Dort erwarben wir eine SIM-Card mit Hilfe von drei Kolumbianern in einem Mix aus Spanisch, Englisch und Deutsch. In einem Kiosk kauften wir für 1€ eine SIM-Card, in einer Art Lotterie nebenan das Datenpaket. Wir lachten alle herrlich und ein Spanischlehrer lernte Deutsch. Wir würden ihn gern auf einen Kaffee treffen, mal sehen ob wir zeitlich übereinkommen, wir tauschten erstmal Nummern aus. Dann zogen wir weiter zur Metrostation ums Eck „Pablado“. Dort beobachteten wir kurz wie alle anderen vorgingen und kauften dann eine Metrokarte, die wir aufluden und zu zweit nutzen können. Eine Fahrt mit der Metro kostet ca.75ct.
Wir fuhren eine Station nach „Industriales“, da uns der Parques del Rio Medellin empfohlen wurde. Aber als wir ausstiegen und die Entfernungen sahen, schätzten wir ganz richtig ein, dass wir das bis zu unserer Walking-Tour gar nicht mehr schaffen würden. Also warfen wir nur ratlos abwechselnd einen Blick auf die Bäume und Google Maps und gingen wieder in die Metrostation. Von dort fuhren wir nach „San Antonio“, stiegen um und fuhren bis zur Endhaltestelle „San Javier“. Wir hatten noch gut eine Stunde Zeit bis zu Beginn der Tour und suchten ein kleines Café um ein Stück Geburtstagskuchen zu essen. Wir liefen zum kleinen Maca Café und als Überraschung hatte ich das kleine „Happy Birthday“ Fähnchen eingepackt, was Setri Eric letztes Jahr in Indonesien geschenkt hatte. Thihi, weit gereist, das kleine Stück Papier. Allerdings bekam es hier Regen ab und war am Ende des Tages sehr lädiert. Oups. Wir saßen nämlich genau zur richtigen Zeit unterm Dach des Cafés, denn es schüttete plötzlich aus Kübeln und wir waren das erste Mal in Shorts und Shirts unterwegs. Als es aufhörte, nutzten wir die Regenpause und fragten uns durch die vielen kleinen Läden bis wir zwei kleine Regenschirme und weiße Ponchos für zusammen rund 5€ erworben hatten. Sicher ist sicher, dieses Jahr, so hatten wir erfahren, zog sich das Ende der Regenzeit leider etwas hin.
Als wir pünktlich am Treffpunkt ankamen, sahen wir schon die Guide der lokalen Zippy-Tour in ihren neongrün-blauen Shirts. Unser Guide George (englisch gesprochen, nicht spanisch) hatte sich einen überraschend guten britischen Akzent angeeignet. Wir schwatzten mit Leo, einem echten französischen Sommelier, der sich in Brasilien verliebt hatte und dort als Koch arbeiten möchte. In der Gruppe waren keine Deutschen dabei. In anderen Ecken der Welt haben wir sie häufiger angetroffen. Der Guide bezog uns immer mal mit Fragen und Ideen ein. Zuerst liefen wir durch die Viertel und lauschten Erklärungen zur Entwicklung der einzelnen Comunas. Es war schon erschreckend, was hier noch vor 20 Jahren abgegangen ist. Ich würde ja sagen „google it“, aber da stehen wohl oft nur Halbwahrheiten. Alles wiedergeben kann ich auch nicht. Wir liefen mehr als 9km. Also wen es interessiert: kommt einfach her :)
Bevor wir die zweitgrößte favela der Welt anschauten, setzten wir uns am Fuße des Hügels um einer jugendlichen Breakdance-Gruppe zuzusehen und sie mit Trinkgeld zu unterstützen. George erinnerte uns extra daran, dass wir hier in Kolumbien seien, wo es laut und mit Begeisterung zugehe und wir unsere Wurzeln mal vergessen und Stimmung machen sollten. Ich wippte im Takt mit, klatschte, jubelte zum Applaus. Der Rest: saß wie angewurzelt auf der Bank und schwieg. Super. Das war ja peinlich. Für wen kann ich gar nicht genau sagen. Von dort zogen wir in die eng stehenden Häuser, besuchten Galerien, blickten über die ausufernde Stadt, nannten zwei Rappern Wörter, aus denen sie dann einen Rap performten. Ich rief „chocolate“ und „playa“ (Strand), Eric mit meiner Hilfe „cerveza“ (Bier), was Jubel hervorrief, weil das typisch deutsch sei :D Auch sie bekamen ein Trinkgeld und eine Frau, die humpelnd für eine neue Hüfte sammelte. Zwischendurch setzten und stellten wir uns immer mal im Kreis auf um Georges Erklärungen zu lauschen. Hier war es mittlerweile so touristisch (wir hörten auch den Vergleich „Disneyland“), dass es als sicher galt und wir am Ende auch allein herumliefen. Natürlich basierten diese Touren auf Trinkgeldern und wir gaben jeder 50.000, als rund 10€. Er machte das echt gut und wir wollten nicht an falscher Stelle geizen sondern als Touristen respektvoll in dem Land herumreisen.
Wir nahmen die berühmten Rolltreppen, die zusammen mit den Gondeln dabei geholfen hatten, die Viertel an die Innenstadt anzuschließen um eine Einheit zu bilden als ein Medellin. Wir rutschten auch bunte Rutschen hinunter. Hier war eine fröhliche Erinnerungsstätte erbaut wurden in Gedenken an einen Jungen, der zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen war und tödlich zwischen zwei Gangs geraten war.
Als die Tour vorbei war, waren alle Teilnehmenden so schnell in alle Winde verstreut; so schnell hatten wir gar nicht gucken können. Unser Plan Leute kennenzulernen war nicht so richtig aufgegangen :D Aber als wir noch allein weiterliefen, konnten wir unserem Glück nicht trauen: es gab Mangostin!!! Unsere Lieblingsfrucht aus Asien, die man in Deutschland (eigentlich) nie kaufen konnte. Wie cool.
George hatte allen eingeschärft, dass uns alle grünen Busse, die am Fuße der favela abfuhren zurück zur Metrostation brachten. Und wir wollten gern noch im Hellen durch das Gewühl der Gassen zurück. Wir zahlten noch 50ct, damit ich meine Flügel-Foto-Sammlung erweitern konnte und dann traten wir die Rückfahrt ein. Wir waren gefühlt bis zum Platzen gefüllt mit Eindrücken und Informationen und hundemüde.
Wir liefen zum Hostel zurück, wechselten das Zimmer für die nächsten zwei Nächte, weil das andere gebucht war, wuschen Gesicht und Hände, ließen den Rucksack liegen und gingen nur wenige Straßen weiter in eine Fußgängerzone mit lauter Restauranttischen in der Mitte. Zuerst setzten wir uns zu einem Argentinier. Aber als wir die Karte sahen, waren wir unschlüssig. Nichts regte so wirklich unseren Appetit an. Es war uns super peinlich und hatten wir meines Wissens noch nie gemacht. Aber als alle Kellner:innen drin verschwanden, suchten wir schnell das Weite. Schließlich war Eric´s Geburtstag, da sollte es lecker werden. Wir fanden einen kleinen bunten Mexikaner. Schon besser. Wir feierten mit Quesadillas und Zimt-Churros sowie Corona, schwatzten mit den beiden jungen Reisenden aus Kanada/ England neben uns und schienen sie zu beruhigen, dass auch jenseits der 30 nicht zwingend „Verpflichtungen“ vom Reisen abhielten. Ganz im Gegenteil: zwei volle Einkommen ließen etwas entspannter sein ;) Es fing nochmal leicht zu regnen an und auf die Rechnung wurde von ganz allein eine Servicegebühr erhoben, aber hey. Es war trotz allem ein schöner, interessanter Tag gewesen. Auf das neue Lebensjahr! Salud!
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