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Tag 63+64: Braunbären im Yosemite Valley

Aktualisiert: 28. Okt. 2022

Wir waren früh mal nicht die letzten, die erwachten. Allerdings war es doch recht kühl und Eric hatte beim Müsli kochen nicht die größte Freude. Dann stand uns noch eine Stunde Fahrt ins Yosemite Valley an, wo wir erstmal um einen Parkplatz kämpften und das Visitor Centre ansteuerten. Wir haben um Empfehlungen gebeten, aber nur eine Karte bekommen mit den Worten, dass wir da ja schauen könnten und alles musste man der jungen Frau aus der Nase ziehen. Das hatten wir so auch noch nicht, aber gut. Am spannendsten wäre der 10-12h Trail zum Half Dome gewesen, aber der hatte seit zwei Tagen für die lange Winterpause geschlossen.

Dann liebäugelten wir mit den Upper Yosemite Falls, wussten aber gar nicht ob da gerade nach dem trockenen Sommer Wasser floss und die Temperatur kletterte auf unglaubliche 32 Grad. Das waren wir nach unserer Nebel-Küstenwoche so gar nicht mehr gewöhnt und die 6-8h Tour war nicht mehr reizvoll.

Deshalb liefen wir durch das berühmte Camp 4 und schauten uns ein paar Boulder an. Hier wurde Klettergeschichte geschrieben, so einige Kletter-Dokumentationen wurde neuer gedreht und so wir liefen noch zum El Capitan, der riesigen steilen Felswand. Wir konnten trotz der Hitze und Brutalität der Routen Kletterer beobachten; einige hatten ganz schön zu kämpfen. Respekt! Eric konnte auf unserer Weltreise sein Equipment nicht im Rucksack reinquetschen, aber hier zu stehen, war auch schon cool. Am liebsten würde er hier campieren und die Routen probieren, aber auch seine verletzte Schulter hielt ihn zurück.

Jeder Meter strengte bei der trockenen Hitze hier an und wir entschieden die Wawona Road in den Süden zu fahren. Dort parkten wir kurz nach 16 Uhr und nahmen das kostenlose Shuttle zum Mariposa Grove (Hain) mit den Sequoais Bäumen, die noch länger werden als die Redwoods, dabei aber im Umfang schmaler bleiben. Wir liefen schnell den Grizzly Grove Trail, weil wir den letzten Bus nicht verpassen wollten. Aber wir brauchten nicht mal halb so lang wie angegeben, komisch. Jedenfalls tat der Schatten der Bäume gut und danach fuhren wir 4km im Süden raus aus dem Nationalpark um legal schlafen zu können. Alle Campingplätze im Park waren voll (und z.T.überteuert) und ein Zimmer wollten/ konnten wir nicht bezahlen. Allerdings musste man hier aufpassen, hier war wieder extreme Bärengegend. Hier schien es sogar noch krasser zu sein, da überall stand, dass man mit Einbruch der Dunkelheit nichts Duftendes im Auto lassen soll. Die Bären versuchen wohl alles um da ranzukommen und da wurde schon so einiges Auto stark beschädigt. Alles war inbegriffen, Essen (ob eingeschweißt oder nicht), Kaugummis, Lippenbalsam, Bodylotion…einfach alles, was einen Duft versprüht. Tja und wir schliefen über dem Essen und kochten und wuschen uns am Auto :D Wir hofften mal weit genug entfernt zu sein und lenkten uns mit dem Bewundern des wunderschönen Sternenhimmels ab. Wir sind heute 9,5km gewandert und auf ca. 1.200m über dem Meer.

Es gibt ja überall Egoisten & Idioten auf der Welt, nicht wahr? Aber hier scheint es doch besonders schlimm zu sein. Viele fahren ja hier diese riesigen Camper (-Busse) und der größte des Platzes ließ bis ca.22 Uhr und warum auch immer ab ca.4 Uhr seinen Generator schön laut laufen. Gefühlt waren alle drum herum wach, unglaublich. Wenn ich wirksame Flüche aussenden könnte…


Die Nacht war dementsprechend nicht sehr toll und wir waren froh, dass wir durch den südlichen Eingang wieder in den Park einfuhren. Wir fuhren fast eine Stunde mit schönen Aussichten auf die Berge und ins Tal wieder ins Yosemite Valley. Da wir heute anderthalb Stunden eher dran waren, genug Proviant und Wasser hatten, entschieden wir uns für den Upper Fall Trail - fett eingecremt mit Sonnenlotion.

Ich schaffte es mich noch am Auto zweimal (!) am selben Baumstamm zu verletzen, als ich hin und her stieg um den Rucksack zu packen. Ja Augen auf im Parkplatz-Verkehr. Erst schürfte ich die linke Wade auf, dann blutig das rechte Schienbein. Eric schüttelte nur den Kopf und sprühte alles mit Desinfektionsmittel ein; er kennt die tollpatschige Ader.


Und dann ging’s los. Die Hitze überwältigte uns schnell. Auf ungefähr 5km mussten wir in scharfen, steilen Kurven 800 Höhenmeter bewältigen. Wie sagt Eric immer so schön: man muss bis an die Kotzgrenze. Ich verfluchte den Tag meiner Geburt, mein Schädel drohte zu platzen. Unser Magnesium war alle, im letzten Supermarkt hatten wir keins gefunden und die Beine zitterten bei dem anspruchsvollen Workout. Jeder Schritt musste auf den Steinen sitzen und es hörte einfach nicht auf. Der Weg bergauf wollte einfach kein Ende nehmen und während Eric fröhlich voraussprang und mich mit Wasser weiter lockte, schaffte ich es, wie viele unserer Mitstreiter:innen nur mit regelmäßigen Atempausen im Schatten.

Man glaubt es kaum, aber irgendwann ist es geschafft und man ist endlich oben (auch wenn man vorher schon mehrmals einfach wieder umdrehen & aufgeben wollte). Und die Aussicht lohnte sich! Wir ließen sie aber erstmal hinter uns und wollten zum Wasser. Es war tatsächlich da :) Die Lower Falls sind um diese Zeit fast ausgertrocknet, deshalb hatten wir nicht viel Hoffnung. Aber uns bot sich ein herrlicher Anblick. Zwei Wasserbecken waren besiedelt von lauter jungen Leute und als ich sah wie viele von ihnen nass waren und in die Gumpen sprungen, wollte ich auch! Der erste Fußtest ergab, dass das Wasser eiskalt war, aber ihr wisst ja...jetzt oder nie. Die Erkältung war vergessen, Eric schickte ich vor und als er den Sprung ins Eisbecken überlebte, sprang ich nach. Herrlich! Der Schweiß des Tages, der Staub und die Sonnencreme waren abgewaschen. Blöd nur, dass wir kein Handtuch und Badezeug dabeihatten.

Deshalb legten wir uns in die Sonne. Ich leuchtete da wie ein weißer Schinken :D

Allzu viel Zeit hatten wir aber nicht mehr um noch im Hellen zurückzugehen. Uns blieb nichts anderes übrig als in den kalten nassen Hosen weiterzulaufen, die T-Shirts waren trocken. Ich riskierte eine Blasenentzündung und es lief sich echt eklig. Wir hatten gedacht, es würde schneller trocknen. Doch dann fiel mir ein, dass ich für die Abendkälte eine lange Leggings eingepackt hatte und Erics Hose war schon trocken. Das fühlte sich gleich viel besser an und wärmte.


Der Weg nach unten war genauso anstrengend wie nach oben, weil man gut aufpassen musste, wo man hintrat um nicht wegzurutschen. Wie manche Leute da durch eierten (wir sahen so einige stürzen), war unfassbar. Der Trail war als schwierig und steil beschrieben. Wenn man 850 Höhenmeter in einer so kurzen Strecke zurücklegt, dann sollte man wissen, dass es steil zugeht. Aber viele hatten nur Sneaker an mit rutschiger Sohle, ohne Profil, ohne Halt. Unverantwortlich. Genauso viele hatten auch für den Rückweg kein Wasser mehr…Nun ja. Wir hielten immer mal auffangbereit - aus Reflex - die Arme hin.


Und dann meinten drei halbstarke Bubis, Achtung da frisst ein Pferd und als wir näher kamen, sahen wir die Nase und Öhrchen eines ausgewachsenen Braunbären direkt vor uns im Gebüsch. Er frass friedlich und ließ sich von den Gaffern nicht stören. Eric und ich konnten die Ruhe der Leute nicht so ganz nachvollziehen, vor ihnen saß ein Bär und wir wiesen sie darauf hin, dass sie alle viel zu nah stehen und den Bären stören und liefen dann einfach weiter. Auf einem Foto hätte man durch das Dickicht nicht viel gesehen. Während bergauf laufen in die Waden geht, geht bergab schön in die Knie, deshalb setzte ich mich bei der Hälfte des Weges hin und aß meinen Nussriegel; Eric hatte seinen beim Laufen schon verputzt. Tja und keine Ahnung, wie gut mein Riegel roch, aber Eric wurde auf einmal ganz Ernst, griff meinen Arm und sagte: „Hase, Bär!“

Also mich sprach er mit Hase an (obwohl ich eigentlich die Maus bin) und wies mich auf den Bären hin. Als ich mich vor Schreck umdrehte, stand der Bär schon hinter mir; er war den Hügel hinabgekommen. Nun soll man sich ja eigentlich strecken und laut machen, aber er stand über uns genau auf dem Pfad und wir sprangen rannten halb (oho) den Weg zurück um Meter zwischen uns zu bringen. Wir hatten Glück, es kamen gerade viele Leute den Weg lang und wir riefen ihnen zu, sie sollen stehen bleiben, hinter uns kommt ein Bär. Und wie wir da so zu über einem Dutzend standen, guckte der Bär hinter einem Stein hervor auf uns hinab, sah die Menge an Leuten, verließ den Weg und lief parallel zu uns nach unten. Meine Knie zitterten wie Espenlaub und erst ab hier wagte ich ein Foto aus der Ferne. Ja der andere Anblick wäre wieder schöner gewesen, aber das riskierten wir nicht. Gemeinsam liefen wir alle weiter und überlegten, ob er meinen Riegel gerochen hatte. Wir waren zu zweit auch viel zu leise gewesen. Und zack sahen wir alle am Hang weiter unten einen echt riesigen, braunen Bären. Wir hofften alle, dass es kein Grizzly war. Drei an einem Abend. Meine Nerven…der Rückweg machte so gar keinen Spaß :D

Aber das schöne war, dass wir so mit einer Gruppe ins Gespräch kamen. Es waren drei erwachsene Geschwister mit dem Vater; die Mutter wartete unten. Sie wohnten seit fast einem Jahrzehnt in Nordamerika und stammten aus dem Iran. Eric und ich waren uns einig: so sympathische Menschen trifft man selten! Wir wechselten immer mal die Gesprächspartner und tauschten uns aus. Sie waren sehr interessiert und auch fasziniert von unserer Reise und die Gespräche waren richtig gut. Zum Abschied wurden wir von allen fünf herzlich umarmt und zu ihnen eingeladen, sollten wir jemals wieder in der Nähe von San Francisco sein. Kontaktdaten tauschten wir aus und der Rückweg war plötzlich wie ein Flug vergangen. Herrlich!

Danach untermalte ein schöner Sonnenaufgang den tollen Tag und erleuchtete den El Capitan. Und dann ging’s auch schon zurück zu dem Parkplatz mit dem Super Wifi und Eric kochte Kokos-Curry. Was für ein Tag!

51 Ansichten4 Kommentare

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4 Comments


rike82
Oct 22, 2022

How to react to a bear attack:

If it‘s black, fight back.

If it‘s brown, lay down.

If it‘s white, say goodnight.


Ich hoffe, wenigstens von den Eisbären haltet ihr euch fern 😬


Danke für die schönen Bilder!

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einjahrblau
Oct 23, 2022
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Exactly! Der Spruch ist geil. Und immer wieder gern :)

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susannjacqueline.kellner
Oct 22, 2022

Ich kenne den El Capitan nur als roten Fels. Na nun weiß ich warum 😅 Ein toller beeindruckender Berg . 😍 Traumhaft schöne Fotos. Gewöhnt man sich an Bären ? Ich meine wenn der am ersten Tag hinter dir gestanden hätte … oh je 😂

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einjahrblau
Oct 22, 2022
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Äh. Nicht so richtig, wir erschrecken jedes Mal und viele meinen wir hätten Glück so viele zu sehen 😅

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