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einjahrblau

Tag 7 - Downtown Walking Tour in Medellin

Das neue Zimmer, diesmal mit eigenem Bad, war bei Weitem nicht so toll wie das davor. Es war lauter, heller und im Erdgeschoss, aber es gab wieder das gleiche leckere Frühstück. Wir konnten dennoch zufrieden sein bei nicht mal 25€/ Nacht. Wir hatten versucht uns für bei Free City Tours für die authentische Barrío Transformacíon Tour in Comuna 4 anzumelden, die nur 4x pro Woche ist, damit es nicht so endet wie in Comuna 13. Aber wir hatten keinen Platz mehr bekommen, sodass wir uns bei ihnen für die free walking Tour (wieder 10€ Spende) in Downtown, also Zentrum anmeldeten. Wir fuhren wieder, heute schon ganz Profi, ab „Pablado“ drei Haltestellen nach „Alpujarra“. Wir waren 15min zu früh, aber lieber so als zu spät und bald kam auch schon der Guide Dio hinzu und Kristina aus den USA, wohnhaft in einer der gefährlichsten Städte in Ecuador. Ingesamt waren wir 15 Personen, wieder niemand aus Deutschland. Dio verpackte die Informationen an den entsprechenden Stellen mit dem nötigen Humor aber auch Ernst. Um auf den Straßen, wo nur wenige Englisch können, nicht über Pablo Escobar zu sprechen, nannten wir ihn fortwährend Voldemort. Im Ernst jetzt. Denn sein „Wirken“ spaltete die Meinungen. Dio, der selbst mitten in die konfliktreiche Zeit hineingeboren wurde und im Alter von 6 Jahren miterlebt hatte wie sein Freund erschossen wurde, sein Onkel, sein Cousin, sich zitternd unterm Bett vor Schüssen versteckt hatte, verabscheute Escobars gewalttätiges Vorgehen ohne Rücksicht auf Verluste. Es widerte ihn sichtlich an, dass es Leute gab, die an sein Grab reisten um dort eine Line zu ziehen, denn diese Glorifizierung schändete alle Opfer der Familien. Andere wiederum bewunderten den Aufstieg, die Frauen, Geld und Macht, die der Drogenbaron am Ende genossen hatte. Die Geschichte dieses Landes, dieser Stadt war wirklich sehr komplex, brutal und die Leute wollen nun nach vorn gucken, das Leid vergessen, ihre Stigma weltweit ausräumen und sich als das Land präsentieren, was es (heute) ist: artenreich, mit einer beeindruckenden, vielfältigen Natur und Kultur, mit fröhlichen Menschen. Dr gefährlichste Teil des Drogenhandels wurde auch längst ausgelagert. Mexikanische Kartelle übernehmen den Transport über Dschungel, die zwei Ozeane und die kolumbianischen Kartelle halten sich so die Hände „sauber“, wie das Abkommen mit der Regierung besagt. Auch heute hörten wir wieder viel über Guerilla-Kämpfer und Paramilitär. Selbst beim Nachlesen im Nachhinein blieben Fragezeichen und Entsetzen zurück. Wir liefen verschiedene Stationen ab, die Regierungsgebäude, die alte Eisenbahn, die man nun wieder aufbauen will, den Platz des Lichtes, der früher einer der gefährlichsten Plätze des Landes war, Bibliotheken, die der Bevölkerung einen Ort der Gemeinschaft bieten sollen, ein Shoppingcenter im Kolonialpalast-Stil, wo es laut Dio alles (gefälschte) dieser Welt gab. Was es hier nicht gebe, gebe es einfach nicht. Dort pausierten wir auch und kosteten ein Avocadoeis. Dio scherzte wir treffen uns in einer deutschen Viertelstunde, nicht in einer kolumbianischen. Joah. Wir waren früh ja auch die ersten gewesen.

Wir standen vor der zweitältesten katholischen Kirche der Stadt, dem Hauptplatz für Prostitution, sahen wieder Skulpturen des Künstlers Botero, von der eine als Bombenversteck während eines Konzerts genutzt worden war und nun als Mahnmal auf dem Platz stand. Am Ende der weiteren informativen Tour probierten wir mit ca.der Hälfte der Gruppe ein frittiertes Mozzarello-Bällchen und kauften bei einem indigenen Stamm, die Dio kannten mal wieder Schmuck. Heute Ohrringe. Man staune: blau und rosa. Aber da ich gar keinen Schmuck eingepackt hatte um nicht in den ärmlichen Straßen zu funkeln, konnte ich mich nun doch etwas schmücken. Eric meinte nur die Geldscheine schwinden. Jo. Aber sag da mal nein…So sind wir einfach nicht. Mit Kristina und Dio tauschten wir Nummern, fuhren gemeinsam ein Stück zurück und dann machten wir einen 30min Powernap. Es ist nicht unbedingt das an uns nagende Alter, sondern eher die Flut an völlig neuen Informationen, dem Wetter, dem ständigen Wirbel um uns herum…und wir reisen ja immer in unserem Tempo :) Den deutschsprachigen Kolumbianer von gestern werden wir leider nicht treffen, aber wir folgten seiner Empfehlung, liefen ein paar Straßen weiter ins bei Touristen beliebte Viertel „El Poblado“ ins Café Pergamino und dort fand ich einen guten deutschen Roman im Tauschregal - auch wenn ich nichts zu tauschen hatte :D

Dann schlenderten wir durch kleine Läden, die uns ein wenig an Bai erinnerten auf der Suche nach einer kleineren Tasche, da der kleine Rucksack irgendwie nervte, wurden aber nicht fündig. Hier versammelte sich so langsam das partywütige Volk, weil hier die meisten Clubs angesiedelt waren, für die Medellins Partyszene so berühmt ist. Aber wir waren jetzt schon genervt von den Verkäufern, die uns immer und immer wieder Zigaretten anboten um uns dann zuzuraunen, dass sie auch Kokain haben. Schön für sie. Das gute Zeug wird eh exportiert und ich denke mir dann immer: sehe ich so aus als will ich hier oder sonst wo Kokain schnüffeln? Oh man…wir besuchten noch eine Art Galerie mit Handwerksschmuck aus Kolumbien. Aus Pferdehaar, mit Gold überzogene Blüten…alles für extrovertierte (wohlhabende) Menschen und gingen dann ins Mamasitas. Das Restaurant hatte Eric gestern schon auf Google Maps entdeckt und sowohl Kristina als auch Dio hatten es Wärmestrahlung empfohlen. Herrlich! Das wird sich als bleibende Erinnerung einreihen. Eine so tolle Atmosphäre; würde es das bei uns geben, wären wir schon längst arm. Erst legte ein DJ auf, was mir sehr gefiel, später spielte eine Band - auch sehr cool. Wir kamen noch vor der Happy Hour und beendeten nun endgültig unsere Abstinenz seit Silvester, die wir nur ein paar Mal durch Bier oder einen Wein in Südfrankreich unterbrochen hatten. Wir bestellten einen Cocktail aus Jägermeister, Maracuja und noch irgendwas leckerem, gefolgt von einem Maracuja Margarita, dessen Tequila uns fast umhaute. Himmel…Das Essen war dann aber die Vollendung pur. Wir hatten zwei der Empfehlungen gewählt. Eric bekam 12h gegartes Rind mit kreolischen Kartöffelchen und Salat, ich bekam eine Art Bowl mit Baby Beef (aber schön durch, ja nicht blutig), auch mit Kartöffelchen, Avocado, Bananenchips und Salat. Es waren Geschmacksgedichte. Richtig geil. Wir saßen hier fast 3h und genossen die Atmosphäre und zunehmende lebendige Treiben um uns herum. Wir zahlten rund 40€, nicht geschenkt, aber schon preiswerter als in Europa und das reichte uns als Partyatmosphäre völlig aus. Nach wenigen Minuten zu Fuß plumpsten wir happy nach einer Dusche ins Bett.

Übrigens gab es solche Leuchstreifen (rot/ grün) auf dem Fußweg vor der Ampel für Smartphone-Nutzer, die nur nach unten schauten.

Wir hatten währenddessen noch die Tour für Dienstag gebucht, in Abstimmung mit Kristina und Dio und im Hostel nochmal zwei Nächte nächste Woche gebucht. Schön, wir würden also nach drei Nächten in Jardin doch nochmal herkommen und die beiden wiedersehen. Busse hin und zurück waren auch gebucht. Langsam nährt sich das weltreisende Eichhörchen. Auch wenn die Nacht hier nächste Woche 10€ mehr kosten würde, weil Feiertag und Ferien. Die Busse waren aber sehr preiswert. Immerhin.

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