Der Morgen nahte, der Wecker hätte 7:15 Uhr klingeln sollen, aber ich war bereits wach. Ich hatte extra das Rollo oben gelassen und war gespannt auf den Ausblick, der sich uns vom Balkon aus bieten würde.
Hach. Ich war so dermaßen besänftigt. Was für ein Fleckchen Erde. Es wird schwer hiernach wieder in die Großstadt abzureisen. Wir blickten genau auf den Gemeinschaftsraum, wo wir kochen können und frühstücken.
Als auch Eric happy war, weil er einfach super gut durchgeschlafen hatte, war auch ich noch glücklicher und hüpfte schonmal auf einen Smalltalk vorm Frühstück in die Gemeinschaftsarea. Zwei Vögel zwitscherten eine ungewohnte Melodie, sie stritten sich wohl. Ich ließ mir noch ein bisschen von der Verwirklichung dieses Projekts erzählen; als Eric dazu stieß, spielte er mit dem Labrador - was sonst :D Wir durften zwischen zwei Frühstücksoptionen wählen und entschieden uns freudig für Naturjoghurt mit regionalem Obst und hausgemachten Granola. Dazu gabs einen frischen Bananensaft und tropischen Tee.
Fast hätten wir uns verquatscht, aber ein paar Sachen galt es noch in den Rucksack zu stopfen, dann holte uns ein kleines Taxi auch schon ab um uns zu "Horizontes" zu bringen. Wir wurden Bibina (?), unserem Guide vorgestellt und staunten nicht schlecht, denn sie sprach kein einziges Wort Englisch. Da war wohl was bei der Buchung schief gegangen, aber das wird schon werden. Ein bisschen verstehen wir, ein wenig Empfang wird es geben für Übersetzungsapps und so viel muss man am Ende auf der Wanderung wohl auch nicht reden. Mit uns nahmen zwei weitere Paare teil, eins aus Bogotá und eins aus Medellin. Gemeinsam würden wir los siete cascadas, die sieben Wasserfälle erwandern.
Wir quetschten uns in den Jeep, rasten ca.35min Schotterpisten hinauf und dehnten dann kurz Füße, Waden, Arme und Nacken. Das hatten wir so auch noch nicht erlebt, aber es war irgendwie die passende, friedliche Stimmung hier oben. Noch war es leicht bewölkt, ähnelte dem Cloud Forest in Monteverde (Costa Rica), doch nach nur wenigen Schritten waren wir schon im grünen, dicht bewachsenen Dschungel. Nicht umsonst heißt der Ort wohl Jardin, was sowohl auf Spanisch als auch auf Französisch Garten heißt.
Im Gegensatz zu den anderen hatten wir einen ausreichend großen Rucksack+Regenschutz und Schuhe mit ordentlichem Profil dabei und hielten trittsicher ihr Tempo. Sie fragte uns ob wir oft wandern und nickte wissend als wir freudig bejahten. Sie war eher der stille, ernste Typ. Schwups, sollten wir die anderen, die hinterher stolperten, vorlassen, damit wir keinen verlieren. Einmal knallte es; die eine war mit der Stirn gegen einen Ast geknallt statt sich unten durch zu bücken. Aua. Später trug ich ihr ihr Basecap hinterher, was sie auf dem Weg verloren und das andere Paar liegen lassen hatte, obwohl sie darauf zeigten. Ignoranz? Empathielosigkeit? Faulheit? Ich weiß es nicht…
Wir durchquerten Flüsse, Pfützen, Matschlöcher und hatten bald nasse Füße und waren schlammbespritzt. Am ersten Wasserfall wurden wir etwas gefragt und folgten brav den Fluss hindurch auf die andere Seite. Das Wasser peitschte uns entgegen, wir waren klitschnass von Kopf bis Fuß und fingen gerade erst an zu wandern. Es wurde noch besser als ich auf dem Rückweg nur ganz leicht wegrutschte, was aber schon reichte um mit der linken Seite im Fluss zu liegen. (Was jedoch selbst von Eric unbemerkt geblieben war.) Großartig. Der Witz dabei: das war gar nicht der Weg, den wir gehen mussten; die anderen vier waren gar nicht mitgekommen, das hier war nur ein Fotospot gewesen, der sich so gar nicht lohnte. Wir stehen besudelt hinter einem Stein, die Brille beschlagen, das Lächeln verkrampft. Da hatte das Spanisch wohl doch nicht ausgereicht :D Obwohl ich ihr beantworten konnte was wir arbeiten, wo wir schon waren, wie lange wir schon zusammen sind usw. und sie fragte wo ich Spanisch gelernt hatte. Naja, die paar Basics in der Schule, an der VHS und an der Uni - alles Jahre her. Die Zeitformen sitzen so gar nicht mehr :D Wir trieften also nun schon ab Beginn an von Kopf bis Fuß und hofften, dass es noch wärmer werden würde damit wir nicht schlotterten vor nasser Kälte. Jede weitere Pfütze oder Flussüberquerung ließ uns kalt, jetzt war es eh egal und die Klamotten wieder reif für die Wäsche. Sie ließ uns einfach immer vorgehen und wartete auf die anderen, wir hangelten uns an Seilen und Wurzeln steil bergauf und bergab.
Doch so matschig und rutschig auch alles klingen mag. Dafür waren wir hier und es lohnte sich. Die Landschaft bot herrliche Ausblicke, die Wasserfälle waren bis auf ihre Kälte ein Traum. Obwohl wir schon einige gesehen hatten und wohl nichts mehr an unser Kanada-Highlight im Wells Grey NP herankommen würde, waren wir begeistert vom Rauschen um uns herum, verfeinert mit fröhlichen Sonnenstrahlen. Während die anderen Arme nach oben werfend, laut jubelnd und posend in Bikini, küssend, Huckepack und sonst wie posten und gar kein Ende fanden, standen wir brav da wie bestellt und nicht abgeholt, kamen uns selbst dabei doof vor und wollten den Wasserspritzern entkommen. Wir hatten dadurch wirklich ausgiebig Zeit um die Schönheit Kolumbiens um uns herum aufzunehmen. Am letzten, größten und bekanntesten Wasserfall konnte man im Pool baden oder ein Stück dahinter gehen, aber ich dachte gar nicht daran leicht angetrocknet nochmal klatschnass zu werden. Wir freuten uns einfach in der Sonne auf kleinen, wie für uns bereit gelegten Steinen, unser inbegriffenen Lunch zu genießen. Hier hingen auch wieder diese großen, tropfenförmigen Vogelnester, die wir schon in Salento bestaunt hatten. Dort hatte uns der Besitzer des Kolibri-Gartens auch ein winziges Kolibrinest zum Vergleich hingehalten.
Das Essen war köstlich! Es war in Bananenblätter eingewickelt und bestand aus Reis, einer süßen Kartoffel, Gemüse, einem Ei, für mich ein gebratener Gemüsepuffer, für Eric Hühnchen + ein kleines Fruchtgetränk. Alles in allem: Transport, Eintritt in den NP, Guide + Lunch hatte uns zusammen 58€ gekostet. Jeder bekam ein Stück vom Kuchen - Fahrer, Guide, Koch, Company.
Über eine Kuhweide ging es zurück, wir sichteten begeistert kleine Tierchen und Vögel, bekamen aber den rot getupften Schmetterling und den rot-dickbäuchigen Vogel nicht vor die Linse. An einem letzten Wasserfall gaben die anderen im Bikini nochmal alles, wohl wissend, dass es gleich zurückging, ich stellte mich einfach schnell hin nur um die Größe des Wasserfalls zu demonstrieren.
Die Rückfahrt war kürzer, aber mit fantastischen Ausblicken, dann waren wir zurück im bunten Städtchen. Trotz nasser Füße gönnten wir uns noch eine warme Waffel, dekadent mit Nutella, Erdbeeren, Eis und roten Früchten und beobachteten von der Terrasse aus das Treiben. Wir schlenderten durch ein paar Läden und fanden für Eric schwarze Ipanema Flip Flops für 6,50€. Außerdem konnte Eric bei einem Obststand nicht nein sagen und er kaufte für den Nachtisch ein. Dann nahmen wir wieder ein TukTuk - es ist echt angenehm nicht um den Preis fälschen zu müssen, genossen im Fahrtwind die Aussicht und nach einem Schwätzchen mit Suzan, der niederländischen Vermieterin genossen wir nacheinander eine heiße, reinigende Dusche. Zusammen bewunderten wir dann das abendliche Lichtspiel auf die umliegenden Berge und als sich die Sonne hinter orange glühenden Wolken verabschiedete, gingen wir in die Gemeinschaftsküche. Eric kochte Gemüsenudeln mit gebrutzelter Wurst, Käse und Tomaten, bereitete einen exotischen Obstteller vor und ich kochte Tee und schrieb unsere Erinnerungen nieder. Wir werden heute wieder richtig gut und ohne bockig zu sein schlafen können ;) Wir hatten nämlich Glück gehabt überhaupt ein Zimmer zu bekommen, denn Glamping Jardin war die nächsten Wochen ausgebucht.
Ich bin froh, euch einfach nur folgen zu können aber mit den heutigen Bilder habt ihr eine Neiderin mehr!